Achtung Sprengarbeiten! Über das Phänomen Sprengung und seine gesellschaftlichen Implikationen von Macht und Ohnmacht

20. Oktober–2. Dezember 2007
Eröffnung: 19. Oktober 2007

Ausstellung
Publikation

Ort(e):
NGBK, Oranienstraße 25

Künstler_innen

BNB-Ballistik, Marita Damkröger, Eiko Grimberg, Mathilde ter Heijne, Rudolf Herz/Ruth Toma, Shirin Homann-Saadat, Peter Kees, William Kentridge, Eberhard Klöppel, Friederike Klotz, Aoife van Linden Tol, Holger Lippmann/Alekos Hofstetter, Ulrike Mohr, Oliver Siebeck, Rosemarie Trockel, Annette Wehrmann, Hans HS Winkler

Arbeitsgruppe

Eckhard Gruber, Karl Heinz Jeron, Martin Kaltwasser, Matthias Reichelt, Petra Spielhagen, Annette Taubert, Christoph Tempel

“Achtung Sprengarbeiten!” erforscht das Phänomen Sprengung und seine gesellschaftlichen Implikationen von Macht und Ohnmacht. Als irreversible Fragmentierung von Gegenständen steht Sprengung sowohl für die gewaltsame Zerstörung vorhandener Strukturen, als auch für Befreiung und die Freisetzung vormals gebundener Energien.
Als sprachliche Metapher hat die explosive Kraft von Sprengung in viele Redewendungen Eingang gefunden, wenn etwa von ‘Rahmen sprengen’, ‘etwas in die Luft jagen’ oder von einem ‘Bombenerfolg’ die Rede ist. Und auch Wissenschaft und Kunst kommen ohne die Denkfigur der Sprengung nicht aus. So wird das ‘Aufsprengen’ des historischen Kontinuums zur Verdeutlichung irreversibler Umwälzungsprozesse der Moderne herangezogen, während künstlerische Avantgardebewegungen gerne mit Sprengmetaphern operieren, um der Radikalität ihres Selbstverständnisses Ausdruck zu verleihen.

Der Fokus liegt auf drei Schwerpunkten:
Spektakel, Intervention und Gefahrenzone.

Immer größere Zuschauermassen, wie etwa bei der Sprengung des Hagener Sparkassenhochhauses im Herbst 2004, zeugen von der ungebrochenen Faszination von Sprengungen, aber auch von ihrer zunehmenden medialen Aufbereitung und Vermarktung als touristisches Event. Die von Sprengungen ausgehende Faszination soll reflektiert und ihr Stellenwert in der Gesellschaft kritisch hinterfragt werden.

Was sind unsere eigenen Sprenggelüste? Worin liegt die Eingängigkeit der spektakulären Bilder? Die Lust an der Sprengung zeugt von der Ohnmacht gegenüber den herrschenden Verhältnissen; die Empörung darüber vom Festhalten an altbekannten Mustern. Der Wunsch nach Sprengen entwickelt erfrischende Wirkung. Sprengen schafft Platz, schärft den Möglichkeitssinn und bietet Raum für Gedanken.

Sprengen als Alltagsintervention, Alltagsintervention als Sprengung. Eben noch ungestört, werden gewohnte Abläufe erschüttert, mit künstlerischen Mitteln eine Abweichung produziert. Es geht um das anarchische Moment, die Verhältnisse für einen Moment zum Tanzen zu bringen.

Wie ist unsere Sicherheit beschaffen? Wo beginnt die Gefahrenzone? Beim Blindgänger aus dem Zweiten Weltkrieg oder seiner Räumung; am Gepäckschalter im Flughafen, in der Poststelle, in der Eingangshalle des Hochhauses, in der Nähe geparkter Autos? Absolute Sicherheit gibt es nur um den Preis der Zerstörung.

Der Staatliche Munitionsbergungsdienst des Landes Brandenburg, der Museumspark Baustoffhandel Rüdersdorf sowie die Thüringer Sprenggesellschaft in Kaulsdorf haben ihre Kooperation zugesagt. Im Rahmen dieser Zusammenarbeit und unserer Recherche beauftragen wir KünstlerInnen, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen und eine Arbeit im Kontext Sprengen herzustellen. Flankierende Interviews rahmen die künstlerischen Arbeiten im Katalog und in der Ausstellung. Vorgesehen sind Interviews mit SprengmeisterInnen, ArchitektInnen, StädteplanerInnen, FeuerwerkerInnen, BesucherInnen von Schausprengungen, jugendlichen Sprengdesperados und DenkmalpflegerInnen.

Katalog ISBN: 978-3-938515-10-5