27. Mai–28. Juni 1970
Ausstellungsbeitrag von einer Gruppe von Künstlern der NGBK. Dieser Beitrag sowie die Seiten im Katalog wurden vor der Eröffnung auf Anweisung des Senators für Wissenschaft und Kunst, Werner Stein, unzugänglich gemacht.
Dokumentation “Kunst gegen Handgranaten. Schwierigkeiten beim Zeigen politischer Kunst. Streit um die Grenzen künstlerischer Freiheit exemplarisch dokumentiert am Beispiel der Zensurmaßnahmen auf der Juryfreien Kunstausstellung Berlin im Juni 1970. Originaldokumente, Zitate, Zeitungsberichte, Literaturhinweise, hrsg.v. der ad.hoc-Gruppe Dokumentation der Staatlichen Hochschule für Bildende Künste, Berlin 1970
Pressestimmen
Der Abend, 28.5.1970
“Eine Gruppe von Künstlern der NGBK hatte ein Objekt gebaut, bestehend aus einem Weißen Kasten mit einem roten Knöpfen. Drückte man darauf, ertönte wildes Maschinengewehrgeknatter. Plakate wiesen auf das Gesetz über die “Anwendung unmittelbaren Zwangs (APO-Bezeichnung Handgranatengesetz) hin, dass am 11.Juni in Berlin verabschiedet werden soll; es sieht die Bewaffnung der Polizei mit “besonderen Waffen” (Maschinengewehren, Handgranaten) zum Kampf gegen “Menschenmengen” vor.” Diesen Teil der Ausstellung ließ der Innensenator - ausgerechnet zur Zeit der Pressevorbesichtigung - mit großen Plakaten vernageln.”
Berliner Morgenpost
“In zwei offenen Briefen an den Vorsitzenden der NGBK, Dr. Mertens und an den Journalisten Rainer Höynck bedauerte der Senator für Wissenschaft und Kunst, Professor Dr. Werner Stein, gestern den Konflikt, der zwischen ihm und der Juryfreien Ausstellung entstanden war. “Ich weiß, dass mein Eingreifen in den von der Hängekommission der NGBK verantworteten Teil der Ausstellung dem Wortlaut der Regeln dieser Ausstellung widerspricht, den ich selbst gebilligt habt. Ich behaupte allerdings und mit Nachruck, dass zuvor von der Hängekommission das Minimum an Fairness verletzt wurde, auf das jeder Veranstalter Anspruch hat.”
BZ, 29.5.1970 (Uwe Dannenbaum)
“Dazu Dr. Mertens: ‘Senator Stein geht von falschen Voraussetzungen aus. Wir fühlen uns für die ausgestellten und kritisierten Gegenstände nicht verantwortlich.’ In einem zweiten Brief, den der Wissenschaftssenator an den Funk- und Fernsehjournalist Rainer Höynck schrieb, stellt er fest:
- Der zunächst verschlossene Ausstellungsteil bleibt geöffnet.
- Bei einem akustischen Objekt muss der Strom abgestellt werden. Und eine Foto-Collage mit dem Titel “Krieg” soll entfernt werden.
- Der ursprünglich kritisierte Katalog darf wieder in seiner unverminderten Form verkauf werden.
Damit scheint der Streit vorerst beendet. Verbittert äußerte sich Rainer Höynck, der eine ehrenamtliche Aufgabe in der Juryfreien Kunstausstellung übernommen hatte: ´Ich weiß nicht, ob sich in Zukunft Journalisten für solche Tätigkeiten freiwillig zur Verfügung stellen werden.`”