11. März–29. Mai 2023
Künstler_innen
ᠰᠶᠦᠷᠧᠠᠯᠢᠶᠠ, Gul Altyn, appak, BaderNisa, Balapan, Medina Bazarğali, MU collective, Altan Khaluun Darkhan, Never Odd or Even, Keto Gorgadze, un|rest group, Ksti Hu, Insaya, Sanjin Jirgal, Ars Kerim, klöna, iskandaria kukchachak, Gilyana Mandzhieva, norma, Polina Osipova, Patimat Partu, Ptuška, Qalamqas, qodiriy, Victoria Sarangova, sn, Tegryash, Neseine Toholya, YumKai, Gul Zeile
Teilnehmer_innen
Dennis Chiponda (Chipi), Alex Choybsonov, Selbi Durdiyeva, Lidia Grigoryeva, Dankhaiaa Khovalyg, Angelika Kim, Vira Protskykh, Giorgi Rodionov, Anna Safuta, Sasha Shestakova, Hanna Tsyba, Yeza Yusupova, Valeriia Zubatenko
Arbeitsgruppe
In russland** leben Menschen aus 185 verschiedenen ethnischen Gruppen. Trotzdem gilt das Land, gerade im Westen, nach wie vor als weiß. Obwohl ethnische Minderheiten in der Geschichte russlands gewaltsam unterdrückt wurden und von ethnischen Säuberungen bis hin zum Genozid betroffen waren, wird Kolonialismus nicht nur vom russischen Regime, sondern auch von großen Teilen der Opposition im Land häufig als westlicher Import gesehen. An die Stelle einer Aufarbeitung der russischen Kolonialgeschichte tritt die Erzählung russlands als antikolonialer und antiimperialistischer Macht, die seit dem Überfall russlands auf die Ukraine auch zentraler Bestandteil der Kriegspropaganda ist.
Die Ausstellung Өмә ([öme]; baschkirisch für „kollektive Selbsthilfepraktiken“) macht deutlich, dass der aktuelle Krieg gegen die Ukraine wie auch die Annexion der Krim 2014 nicht isoliert von der Geschichte russlands betrachtet werden können, sondern die Fortsetzung einer historischen Kontinuität des russischen Imperialismus darstellen. Während seit Kriegsbeginn ukrainische Positionen zu Recht oftmals im Vordergrund standen, möchte Өмә daher nun dem antikolonialen Widerstand in russland mehr Platz einräumen.
Dazu versammelt die Ausstellung rund dreißig künstlerische Positionen von Mitgliedern Indigener Gemeinschaften sowie von Künstler_innen mit multiethnischer und migrantischer Identität aus russland. Sie zeichnen das Bild russlands als Kolonialmacht, die sich nur durch Vertreibung, Zwangsassimilierung, Christianisierung, Russifizierung und Extraktivismus innerhalb ihrer heutigen Grenzen konstituieren konnte.
Da das Bild eines weißen russlands nicht nur vom Regime, sondern auch von der – ebenfalls mehrheitlich weißen – russischen Opposition aufrechterhalten wird, konnten sich dekoloniale Bewegungen, die nach dem Zerfall der Sowjetunion entstanden, nie durchsetzen. Nicht zuletzt deshalb möchte Өмә antihegemonialen Theirstories Gehör verschaffen und mit Methoden der Autoethnografie sowie durch die Aktivierung von Archiven ein komplexeres Russlandbild schaffen. Damit positioniert sich die Ausstellung im historischen und politischen Kontext andauernder kolonialer Expansion und Gewalt.
Ein Projekt der nGbK in Kooperation mit dem Kunstraum Kreuzberg/Bethanien.
** Mit ihrer Entscheidung, das Substantiv „russland“ und damit zusammenhängende Eigennamen nicht groß zu schreiben, wollen die Kurator_innen der Ausstellung ihre Unterstützung für die Menschen in der Ukraine zum Ausdruck bringen.
Termine:
Freitag, 10. März 2023, 17:00 Uhr – 23:00 Uhr (de/en)
Kunstraum Kreuzberg/Bethanien, Mariannenplatz 2, 10997 Berlin
Eröffnung Өмә
18 Uhr: Begrüßung und kuratorische Einführung
21 Uhr: DJ-Set von Dosaaf (DJ und Mitbegründer der Queer-Techno-Partys Петушня in Minsk)
Samstag, 25. März 2023, 13:00 Uhr (en)
Kunstraum Kreuzberg/Bethanien, Mariannenplatz 2, 10997 Berlin
Ausstellungsführung mit den Kurator_innen (FATA collective)
Samstag, 25. März 2023, 16:00 Uhr – 18:00 Uhr (de/ukr)
nGbK, Veranstaltungsraum, 1. OG, Oranienstraße 25, 10999 Berlin
Diskussion und Vortrag „In search of lost solidarity, or why there are no Ukrainians in the exhibition” mit Valeriia Zubatenko, Vira Protskykh und Hanna Tsyba
Gut ein Jahr nach der russischen Invasion in der Ukraine ist klar geworden, dass die Grundregel „nothing about us without us” („Nichts über uns ohne uns”) nicht funktioniert und ein theoretisches Konstrukt bleibt. Daher werden ukrainische Kulturschaffende zusammenkommen, um aus erster Hand darüber zu sprechen, nach welcher Art von Solidarität sie suchen und warum es so schwierig ist, diese in Westeuropa zu finden.
In Form einer Podiumsdiskussion werden ukrainische politisch engagierte Kulturschaffende und Künstler_innen über den Unterschied zwischen dem antiimperialen und antikolonialen Kampf des ukrainischen Volkes und dem der Menschen aus anderen Teilen der ehemaligen UdSSR sprechen. Außerdem werden sie erklären, warum es falsch ist, Agenden zu vermischen und unethisch, Veranstaltungen mit Menschen aus russland und der Ukraine in einem Raum zu organisieren.
Das FATA collective lädt Vertreter_innen von Berliner Kultureinrichtungen ein, gemeinsam über die Schwachstellen in diesem Bereich nachzudenken und nach Wegen zu suchen, diese Situation zu ändern.
Sonntag, 26. März 2023, 14:00 Uhr – 16:00 Uhr (ukr)
Geschlossener Workshop „Я не умру від смерти – я умру від життя“ mit Valeriia Zubatenko und Vira Protskykh
Eine Reflexion über nationale Identität durch feministisches Schreiben und visuelle Poesie
Eine kritische Reflexion über den Begriff der Nation, eine Revision des kulturellen Kanons und die Entwicklung von Strategien des Widerstands im ukrainischen Kontext sind aktueller denn je und können nur in einem sicheren Umfeld diskutiert werden. Einerseits hat der russische Einmarsch in die Ukraine am 24. Februar 2022 bei vielen zu einem persönlichen Paradigmenwechsel geführt, der ein tiefes Nachdenken erfordert. Andererseits herrscht die Propaganda der russischen föderation über “ukrainische Neonazis, die Kinder fressen” vor, die mit westlichen linksfeministischen Haltungen über die Unzulässigkeit von Nationalismus zusammenspielt. Es ist zwar sehr schwierig, sichere Räume zu schaffen, vor allem in einem militärischen Kontext, aber es liegt in unserer Macht, einen urteilsfreien Raum zu schaffen, in dem Ukrainer_innen dringende Themen ansprechen können, die außerhalb der Ukraine selten diskutiert werden. Über die Arbeit mit dem ukrainischen Literaturkanon und dessen Aufarbeitung durch feministisches Schreiben und visuelle Poesie werden sich die Teilnehmer_innen gemeinsam mit antichauvinistischem Nationalismus und der ukrainischer Identität auseinandersetzen.
Я не помру від смерті - я помру від життя
- закритий воркшоп-рефлексія для україн_ок про національну ідентичність через феміністське письмо і візуальну поезію.
Питання національної ідеї, культурного канону та стратегій опору в українському контексті як ніколи актуальні та потенційно болючі для обговорення у небезпечному середовищі. З одного боку, у багатьох з нас після 24 лютого 2022 року відбулися особистісні парадигмальні зміни щодо найіонального питання, які потребують глибокої рефлексії, а з іншого боку, є пропаганда Росії про “українських неонацистів, які їдять дітей”, а також західні ліві умовно феміністичні настанови про недопустимість націоцентризму.
Безпечний простір як концепт сам по собі є дуже проблематичним, особливо у військовому контексті, однак у наших силах створити ресурсний простір без осуду, в якому українки та українці зможуть підняти теми, що на поверхні, проте для яких не знаходиться місця за межами України. Через роботу з українським літературним каноном та його переоцінкою за допомогою фемписьма та візуальної поезії ми разом поринемо у тему антишовіністичного націоналізму та української ідентичності.
Воркшоп пройде 26 березня з 14:00 до 16:00. Адресу ми надішлемо після реєстрації – для цього ми просимо вас до 12:00 25 березня написати на пошту fata_collective@proton.me пару рядків про себе та те, чому ви хочете взяти участь у воркшопі. За бажанням на воркшоп можна принести старі журнали, ножиці та клей, але ведучі також підготують для вас матеріали.
Samstag, 01. April 2023, 16:00 Uhr – 18:00 Uhr (en)
nGbK, Veranstaltungsraum, 1. OG, Oranienstraße 25, 10999 Berlin
Vortrag „Not in Our Name – Why russia is Not a Decolonial Ally: Misuses of the Decolonial Agenda“ („Nicht in unserem Namen – Warum Russland kein dekolonialer Verbündeter ist: Missbräuche der dekolonialen Agenda“) von Selbi Durdiyeva
Mit dem decolonial turn hat sich die Art und Weise, wie wir über die Welt denken, radikal geändert. In diesem Zuge wurde Dekolonisierung auch zu einem Trend und einem Modebegriff, der oft missbraucht wird. Nicht zuletzt unter Entkolonialisierungsforscher_innen wird häufig angenommen, dass die Ablehnung von Menschenrechtsnormen als „westliches“ Phänomen ein Land zu einem dekolonialen Verbündeten mache.
Mit ihrem Vortrag möchte Selbi Durdiyeva diese Annahme entkräften, indem sie den Zynismus putins entlarvt, russland als Teil des Globalen Südens darzustellen, trotz der kolonialen Geschichte und Gegenwart russlands und der Sowjetunion sowie des „stummen Rassismus“ (Madina Tlostanova) der dem sowjetischen Pseudo-Internationalismus zugrunde lag.
Der Vortrag zeichnet die Genealogie des Menschenrechtsbegriffs nach und historisiert die Haltung der Sowjetunion und russlands zu Menschenrechten. Ohne die kolonialen Ursprünge des internationalen Menschenrechtsrahmens zu verleugnen, macht er unterschiedliche Menschenrechtsdiskurse sichtbar. Eine Entkolonialisierung der Menschenrechte, so Durdiyeva, würde bedeuten, sich auf den aus Befreiungsbewegungen hervorgegangenen Menschenrechtsdiskurs zu stützen, und nicht auf den Diskurs der Souveränität (Ariella Aïsha Azoulay).
In ihrem Vortrag stellt Durdiyeva die These auf, dass Dekolonialität auch den Kampf gegen ein defizitäres System bedeutet. Sie zeigt, dass imperiale Haltungen eine „Nicht-Ethik“ des Krieges fördern (Achille Mbembe), und dass Entwestlichung nicht immer mit Entkolonialisierung gleichzusetzen ist.
Sonntag, 02. April 2023, 12:00 Uhr (de)
Kunstraum Kreuzberg/Bethanien, Mariannenplatz 2, 10997 Berlin
Ausstellungsführung mit den Kurator_innen (FATA collective)
Sonntag, 02. April 2023, 15:00 Uhr – 19:00 Uhr (de/en)
nGbK, Veranstaltungsraum, 1. OG, Oranienstraße 25, 10999 Berlin
Panel „Thinking in Our Languages – Gender and Race in Eastern Europe, South Caucasus and Central Asia“ („Denken in unseren Sprachen - Geschlecht und Race in Osteuropa, Südkaukasus und Zentralasien“)
Viele Begriffe, die verwendet werden, um über Privilegien und Diskriminierung zu sprechen, stammen aus dem US-amerikanischen Kontext. Dies stellt Aktivist_innen aus anderen Teilen der Welt – in diesem Fall aus Osteuropa, dem Südkaukasus und Zentralasien – vor Herausforderungen. Im Kampf gegen Rassismus und Genderdiskriminierung sehen sie sich oft mit dem Vorwurf konfrontiert, sie würden westliche Modelle und Kategorien „kopieren“. Die zweiteilige Veranstaltung macht die Vielfalt und Besonderheit aktueller Debatten über Race und Gender in transnationalen Aktivist_innenkreisen zwischen Westeuropa und den titelgebenden Regionen sichtbar.
15 Uhr: Diskussion „Antislawismus, Weißsein und Rassismus in Deutschland und Westeuropa“ mit Anna Safuta, Angelika Kim und Dennis Chiponda (Chipi)
Moderation: Juri Wasenmüller
Diskussionen über „Antislawismus“ als Diskriminierungsform haben in den vergangenen fünf Jahren in deutschen Medien an Präsenz gewonnen. Der Begriff wurde von Aktivist_innen, Journalist_innen und Wissenschaftler_innen geprägt, und dazu verwendet, die Diskriminierung von Menschen aus „Osteuropa“ in Deutschland und Westeuropa zu beschreiben. In einigen Beiträgen in den sozialen Medien und im Bereich der politischen Bildung wird Antislawismus als eine Form von Rassismus beschrieben, doch bleibt der Begriff unzureichend definiert.
Der Roundtable wird aktuelle Auseinandersetzungen mit dem Begriff erörtern. Ist es angemessen, Antislawismus als eine Form von Rassismus zu bezeichnen, wenn man bedenkt, dass die meisten Migrant_innen aus „Osteuropa“ als weiß gelesen werden? Ist der Begriff essentialisierend? Welche Erfahrungen müssen in die Debatte einbezogen werden? Gibt es alternative Möglichkeiten, über die Diskriminierung von Menschen aus Osteuropa und der ehemaligen UdSSR zu sprechen, ohne die Machtdynamik, das koloniale Erbe und die Rassifizierungsprozesse in diesen Regionen unsichtbar zu machen?
Diese und andere Fragen werden von Aktivist_innen und Forscher_innen mit osteuropäischer und zentralasiatischer Geschichte diskutiert.
17 Uhr: Vortrag „Being Queer in the South Caucasus: Challenging Western Stereotypes Through Art Practices“ („Queer sein im Südkaukasus: Hinterfragung westlicher Stereotypen durch künstlerische Praktiken“) von Giorgi Rodionov
In jüngster Zeit hat die Kunst eine führende Rolle bei der Förderung sozialer Gerechtigkeit eingenommen und ist zu einem wichtigen Instrument im Kampf für eine bessere Zukunft geworden. Dies gilt insbesondere für Themen, die dem Kontext, in dem sie in Umlauf gebracht werden, fremd sind. Gleichzeitig stellen sich aber auch wichtige Fragen. Obwohl sexuelle und Gender-Identitäten schon immer existierten, wird Queerness im Südkaukasus mittlerweile als „westliche Ideologie“ wahrgenommen. Woher kommt diese Vorstellung? Was haben Sexualität und Ideologie miteinander zu tun? Und welche Rolle spielt die Kunst bei der Förderung einer westlich orientierten Sichtweise von Queerness?
Drei Jahrzehnte sind seit dem Zusammenbruch der UdSSR vergangen, aber es scheint für die nun unabhängigen Länder unmöglich zu sein, das Etikett „postsowjetisch“ loszuwerden. Queere Menschen aus dem Südkaukasus sind nicht nur mit der ständigen Veränderung der vorherrschenden Ideologien in ihren Ländern konfrontiert, sondern auch mit dem ständigen Druck, sich in fremde Modelle einfügen zu müssen, die „der Westen“ importiert, ohne Raum für die Suche nach lokalen Entsprechungen zu lassen. Es ist nicht verwunderlich, dass die Konzepte und die Realitäten, auf die diese Modelle verweisen, den Gesellschaften dieser Länder fremd und schockierend erscheinen. Solche Verwirrung schafft mehr Lücken als Brücken.
In seinem Vortrag wird Giorgi Rodionov Praktiken von queeren Künstler_innen aus dem Südkaukasus vorstellen, die das stereotype westliche Verständnis von Queerness aktiv in Frage stellen. Sie fördern experimentelle Wege, um Brüche innerhalb von Gemeinschaften durch die Schaffung alternativer Modelle und die Eröffnung von Gesprächsräumen zu kitten.
Donnerstag, 06. April 2023, 18:00 Uhr (en)
Kunstraum Kreuzberg/Bethanien, Mariannenplatz 2, 10997 Berlin
Ausstellungsführung mit den Kurator_innen (FATA collective)
Mittwoch, 26. April 2023, 17:00 Uhr (en)
Kunstraum Kreuzberg/Bethanien, Mariannenplatz 2, 10997 Berlin
Ausstellungsführung mit den Kurator_innen (FATA collective)
Donnerstag, 27. April 2023, 16:00 Uhr – 20:00 Uhr (de/en/ru)
nGbK, Veranstaltungsraum, 1. OG, Oranienstraße 25, 10999 Berlin
Paneldiskussion „Racism in russia – Decolonial Perspectives“ („Rassismus in russland: Dekoloniale Perspektiven“) mit Vortrag „Contaminating Images“ („Kontaminierende Bilder“)
16–18 Uhr: Paneldiskussion „Racism in russia: Decolonial Perspectives“ („Rassismus in russland: Dekoloniale Perspektiven“) mit Alex Choybsonov (Sozialunternehmer, LGBTQ+ und Aktivist für Flüchtlingsrechte), Lidia Grigoryeva (Aktivistin aus Sacha), Yeza Yusupova (Bürgeraktivistin aus dem Nordkaukasus)
Moderation: Dankhaiaa Khovalyg
Wie funktioniert Rassismus in russland? Vor der Invasion in die Ukraine wurde russland überwiegend als weiß und slawisch wahrgenommen. Doch seitdem im Westen indigener Widerstand zunehmend sichtbar wird, kommen auch in russland Fragen auf, wie Rassismus funktioniert. In dem Land steigt die Dringlichkeit, die Funktionen von Rassifizierung und Rassismus in der kolonialen Gewalt gegenüber Indigenen Communities aufzudecken. Die Diskussion zwischen fünf indigenen Aktivist_innen aus verschiedenen Regionen innerhalb der heutigen russischen Grenzen beschäftigt sich mit dieser Frage und zeigt Strategien des dekolonialen antirassistischen Widerstands auf.
18–20 Uhr: Vortrag „Contaminating Images“ („Kontaminierende Bilder“) von Sasha Shestakova
Wie unterstützt die visuelle Kultur den Nuklearkolonialismus? In diesem Vortrag tritt Sasha Shestakova in Dialog mit Thyroxia, einem Kunstwerk von Keto Gorgadze und Ptuška, das den Nuklearkolonialismus russlands thematisiert. Shestakova wird sich mit drei Aspekten – Kolonialismus, Kontamination und Zeitlichkeiten – auseinandersetzen.
Epistemische Ungleichheit: Keto Gorgadze und Ptuška konzentrieren sich auf die körperliche Erfahrung des russischen Nuklearkolonialismus und legen dadurch eine strukturelle Ungleichheit offen, die zur schrittweisen Zerstörung von Körpern führt. Dem Geografen Thom Davies zufolge entwertet „epistemische Ungleichheit“ die Erfahrungen von Kolonialismus und dekolonialem Widerstand und ebnet so den Weg für langfristige Gewalt. Im sowjetischen Kontext produzierten die Bilder einer vorgetäuschten Einheit epistemische Ungleichheit. Eine Untersuchung der visuellen Kultur der „Völkerfreundschaft“ soll aufzeigen, wie die russifizierung versuchte, diese Ethnien, von denen sich viele dem russischen Kolonialismus widersetzten, ihrer Zukunft zu berauben.
Widersprüchliche Zeitlichkeiten: Die ausgedehnten Zeitlichkeiten von Krankheit und Kontamination, die Thyroxia aufdeckt, stehen in unmittelbarem Widerspruch zu den Zeitlichkeiten des Fortschritts, die von der sowjetischen visuellen Kultur des „friedlichen Atoms“ produziert wurden. Sasha Shestakova untersucht diesen zeitlichen Widerspruch und betrachtet, wie die sowjetische visuelle Kultur Visionen des infrastrukturellen Fortschritts entwickelte, die die Todeswelten kolonialer Gewalt aufrechterhielten.
Widerstand: Thyroxia stellt den belarussischen, ukrainischen und georgischen Widerstand gegen die tödlichen Auswirkungen des sowjetischen Nuklearkolonialismus vor und veranschaulicht die Möglichkeit einer Zukunft ohne russische Besetzung. Shestakova knüpft daran an und wird andere Formen des Widerstands gegen den russischen Nuklearkolonialismus und deren Zukunftsversionen diskutieren.
Montag, 15. Mai 2023, 17:00 Uhr (en)
Kunstraum Kreuzberg/Bethanien, Mariannenplatz 2, 10997 Berlin
Ausstellungsführung mit den Kurator_innen (FATA collective)
Montag, 15. Mai 2023, 17:00 Uhr (ru)
Kunstraum Kreuzberg/Bethanien, Mariannenplatz 2, 10997 Berlin
Ausstellungsführung mit den Kurator_innen (FATA collective)