6. Mai–24. Juni 2018
Künstler_innen
Teilnehmer_innen
Vereinsinitiative
Die bildenden Künste sowie die künstlerisch informierte Stadtforschung bewegen sich im Feld der ›urban cultures‹ verstärkt aufeinander zu. Kunst und Kultur sowie Urbanität und gebauter Raum müssen erkundet, erlebt und erzählt werden.
Ein Feld der Auseinandersetzung der letzten Jahre sind Großsiedlungen
der heroischen Phase von 1960 bis 1990. Sie haben Dimensionen, die für sich stehend einer Kleinstadt entsprechen – doch zentrale Funktionen einer Stadt wie etwa die Künste und das Kulturleben werden vorrangig auf das Zentrum projiziert. Großsiedlungen bleiben deswegen vielen Menschen einer Stadt merkwürdig fremd.
Es braucht neue Narrative und Bilder, um die scheinbare Homogenität von Großsiedlungen aufzubrechen und ihre bestechende Widersprüchlichkeit nachzuzeichnen.
Großsiedlungen sind miteinander vergleichbar - auch über Kontinente hinweg. Oft sind sie in konzentrischen Kreisen um die Kernstadt herum organisiert. Doch selbst innerhalb einer Stadt haben die Großsiedlungen kaum Kontakt miteinander.
Das Ausstellungsprojekt‚ KREISE ZIEHEN im Stadtteil Berlin-Hellersdorf schlägt Brücken innerhalb und auch jenseits der Stadtgrenzen mit Partnersiedlungen und Partnerstädten: Wie entstehen Stereotypen von Orten, wie werden sie von außen gesetzt und von innen angenommen und weitergeführt? Wie operieren Bildstrategien in der Peripherie, die nicht von außen ein ›Image‹ überstülpen, sondern von den Bewohner_innen mit Eigensinn erarbeitet wurden? Der Kunst soll hier eine besondere Bedeutung zukommen, da sie über Strategien der Bilderzählung und des Bildwissens verfügt.
KREISE ZIEHEN - Teil 1:
»Zeitkapsel Hasenbergl« by Pia Lanzinger
»Aspectomat Hellersdorf« von Barbara und Thomas Klage
Im ersten Teil der Ausstellung werden eine Dokumentation des zweijährigen Projekts »Zeitkapsel Hasenbergl« der Künstlerin Pia Lanzinger und Fotografien und Videoaufnahmen der Hellersdorfer Anwohner_innen Barbara und Thomas Klage gezeigt.
Während ihrer Recherchen zur Geschichte der Großsiedlung Hasenbergl am Stadtrand von München fand Pia Lanzinger heraus, dass der Grundstein der Siedlung samt Zeitkapsel bei Umbauten verloren gegangen war. Diesen Verlust begreift das Projekt »Zeitkapsel Hasenbergl« als Chance. Die zum Zeitpunkt der Gründung angedachten Zukunftsvisionen haben sich nicht erfüllt. Das Hasenbergl hat sich eigensinnig entwickelt. Das Selbstbild wurde im Jahr 2017 durch eine Wiederholung der Grundsteinlegung festgehalten. 70 Bewohner_innen steuerten ein bestimmtes Ereignis aus ihrer selbst erlebten Geschichte am Hasenbergl als Videoclip für die neue Zeitkapsel bei. So entsteht – mit breiter Beteiligung – eine alternative Darstellung des Lebens in dieser Großsiedlung am Stadtrand Münchens.
Barbara und Thomas Klage zogen 1988 als Erstbewohner_innen nach Hellersdorf. Ihr umfangreiches Fotoarchiv wird nun für die Ausstellung digitalisiert. Außerhalb des privaten Rahmens eines Familienalbums wird eine Auswahl der erzählten Geschichten und Alltagsdokumente öffentlich präsentiert. Stadt ist hier nicht nur der gebaute Raum, sondern immer auch ein Ort für gelebte Praxis, die Wünsche und Imaginationen der Menschen selbst. Wie war die ›Gummistiefelzeit‹ in Hellersdorf, als die Erstbewohner_innen ihre neue Siedlung in Besitz nahmen? Welche Veränderung und Verschiebungen von Wertesystemen haben Anwohner_innen erlebt, und wie haben sie diese dokumentiert?
initiative urbane kulturen (2018): Feben Amara, Jochen Becker, Christian Hanussek, Eva Hertzsch, Adam Page
»Zeitkapsel Hasenbergl« wurde gefördert vom Kulturreferat der Landeshauptstadt München / Kunst im öffentlichen Raum.
Termine:
Samstag, 5. Mai 2018
16 Uhr
»Eine Zeitreise durch das Hasenbergl in Hellersdorf«
Entdeckungstour im öffentlichen Raum
Sie sind eingeladen zu einer außergewöhnlichen Entdeckungstour. Zeitbot_innen sind Bewohner_innen, die ihre persönlichen Geschichten teilen und damit möglicherweise Ihr Bild von der Großsiedlung Hellersdorf verändern werden. Sie führen Sie an die Orte, an denen etwas Besonderes passiert ist und durchqueren dabei verschiedene Epochen und Ereignisse dieses Stadtteils.
18 Uhr
Ausstellungseröffnung
mit einer Gesprächsrunde zwischen Anwohner_innen aus Berlin-Hellersdorf und München-Hasenbergl
Montag, 4 Juni 2018, 19.30 Uhr (DE)
Kreuzberger Salon
Gesprächsrunde »Zeitkapsel Hasenbergl – was bleibt vom sozialen Wohnungsbau?« mit Jochen Becker (initiative urbane kulturen), Pia Lanzinger (Künstlerin) und Walter Prigge (Stadt- und Kultursoziologe)
Bitte um Anmeldung unter info@kreuzbergersalon.de
Samstag, 16 Juni 2018, 18 Uhr (DE)
station urbaner kulturen
Vorstellung der Publikationen:
»Berliner Hefte zu Geschichte und Gegenwart der Stadt #6 - Zingster Straße 25« von Sonya Schönberger
Um die Bevölkerung mit benötigtem Wohnraum zu versorgen, setzte die DDR-Regierung ab Mitte der 1950er Jahre auf die industrielle Plattenbauweise. An den Stadträndern entstanden Neubausiedlungen, die sich wegen ihrer modernen Ausstattung großer Beliebtheit erfreuten. Eine der zuletzt errichteten Großsiedlungen Ost-Berlins ist Neu-Hohenschönhausen. Bereits 1987 konnten viele mehrstöckige Gebäude bezogen werden, darunter das Wohnhochhaus in der Zingster Straße 25.
Drei Jahrzehnte später fragt die Künstlerin Sonya Schönberger, was aus den Erstbewohner_innen des Hauses geworden ist. Ergebnisse der Interviews hat sie veröffentlicht. Es geht um den Alltag in der DDR, den Wechsel der politischen Systeme und die Gegenwart im wiedervereinten Deutschland. Der Schauspieler Florian Anderer liest Auszüge aus der Publikation.
»Zeitkapsel Hasenbergl« von Pia Lanzinger
Während ihrer Recherchen zur Geschichte der Großsiedlung Hasenbergl am Stadtrand von München fand Pia Lanzinger heraus, dass der Grundstein der Siedlung samt Zeitkapsel bei Umbauten verloren gegangen war. Diesen Verlust begreift das Projekt »Zeitkapsel Hasenbergl« als Chance. Die zum Zeitpunkt der Gründung angedachten Zukunftsvisionen haben sich nicht erfüllt. Das Hasenbergl hat sich eigensinnig entwickelt. Das Selbstbild wurde im Jahr 2017 durch eine Wiederholung der Grundsteinlegung festgehalten. 70 Bewohner_innen steuerten ein bestimmtes Ereignis aus ihrer selbst erlebten Geschichte am Hasenbergl als Videoclip für die neue Zeitkapsel bei. So entsteht – mit breiter Beteiligung – eine alternative Darstellung des Lebens in dieser Großsiedlung am Stadtrand Münchens. Pia Lanzinger und die Zeitbotin Ursula Buchfellner stellen die Publikation »Zeitkapsel Hasenbergl« vor.
Sonntag, 24. Juni 2018, 15 Uhr
station urbaner kulturen
Finissage und Gesprächsrunde mit Peter Ottmann (Architekt in München und Berlin, Projekte mit Künstler_innen, u.a. bei der Stadtentwicklung Hasenbergl), Eduard Kögel (wissenschaftliche Beratung der Ausstellung »50 Jahre Märkisches Viertel« Berlin) und mit einem Kommentar von Michael Zinganel (Architekt/Künstler, Wien)
Viele Großsiedlungen sind gebaut worden in einer klassisch-modernen Funktionstrennung zwischen Arbeitsplatz, Wohnort und Freizeitarealen. Dazwischen pendelt man hin und her. Der Zusammenbruch der Industrien bringt allgemeine Umbrüche im Arbeitsmarkt mit sich. Immer mehr Bewohner_innen der Trabantenstädte werden zu Transferempfänger_innen. Somit wandeln sich die großen Siedlungen zu reinen Wohn- und „Schlafstädten“ für all diejenigen, die am klassischen Arbeitsplatz nicht mehr gebraucht werden. Wie also stellen sich diese Orte ein auf die wachsende Bedeutung von Haus- und Pflegearbeit, informellen Beschäftigungen oder Heimarbeit, aber auch auf Beschäftigungsmangel und dem Rückgang der Kaufkraft? Und wie wandeln sich die großen Siedlungen mit dem Einzug von Zuwander_innen und deren vielfältigen Fähigkeiten und Bedürfnissen?
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