Katastrophenalarm

Mediale Inszenierung und die politische Vereinnahmung ökologischer Katastrophen

29. März–18. Mai 2008
Eröffnung: 28. März 2008

Ausstellung
Publikation

Ort(e):
NGBK, Oranienstraße 25

Künstler_innen

David Hulfish Bailey, Oliver Clemens, Margit Czenki / Christoph Schäfer, Marjolijn Dijkman, Christoph Draeger, Azin Feizabadi / Kianoosh Vahabi , Cornelia Hesse-Honegger, Sabine Horlitz , René Lück, Eva Meyer Keller, Claudia Mucha, Lisi Raskin, Lise Skou / Nis Rømer, spector cut+paste, Vera Tollmann , Andrei Ujica, Ingo Vetter , Ingo Vetter

Arbeitsgruppe

Sophie Goltz, Christine Heidemann, Anne Kersten, Vera Tollmann , Ingo Vetter

Ein dramatisches Wetterereignis folgt auf das nächste: Überschwemmungen, Dürren und Stürme werden weltweit gemeldet; die Konjunktur der Diskussion um ökologische Gefährdungen und Krisen wird angekurbelt. Mediale Argumente einer Klimakatastrophe versetzen die Öffentlichkeit in eine ständige Alarmbereitschaft, um so eine Atmosphäre der Angst zu erzeugen und herrschende Machtverhältnisse zu stärken. Eine Bedrohung wird wiederholt, als real präsentiert und erzeugt einen Ausnahmezustand. Bleibt es allerdings bei ihrer Prognose, entsteht ein postkatastrophisches Bewusstsein; politisches Handeln erscheint als aussichtslos. Wer steckt hinter dem gegenwärtigen “Katastrophenalarm” und wer profitiert davon?

Die Ausstellung “Katastrophenalarm” setzt sich mit diesen medialen Inszenierungen und der politischen Vereinnahmung ökologischer Katastrophen auseinander. Eingeladen wurden Künstler_innen, um die Mechanismen der Risikovermittlung und der visuellen Darstellungen des Katastrophischen zu analysieren. Einige nehmen konkrete Medienbilder oder Situationen zum Ausgangspunkt – z.B. die Berichterstattung über den Hurrikan “Katrina” oder die Situation in der weiträumig durch Salz verseuchten Umgebung des Salton Lake in Kalifornien; andere diskutieren die Bedeutung der Katastrophe mit einem kulturtheoretischen Ansatz und fragen nach ihrem gesellschaftlichen Einfluss oder auch nach dem neuen Vokabular, das die katastrophenspezifische Rhetorik hervorbringt. Wirtschaftsunternehmen machen sich diese Rhetorik zu eigen und behaupten in ihren Anzeigen ein “grünes Bewusstsein”.

Die gesellschaftlichen Ursachen ökologischer Gefährdungen und Krisen werden vielfach so verklärt, als handle es sich um Auswirkungen höherer Gewalt. Dadurch wird z.B. der Klimawandel zur Kulisse, vor der politische oder wirtschaftliche Argumentationen zur Schau gestellt werden, die ihre säkularen Herrschaftsinteressen an Macht und Markt in verdeckt religiöse Erzählungen integrieren können: Das Fehlverhalten der Menschen führe zu einer globalen Katastrophe, die – je nach Motivation – als unausweichlich geschildert wird oder gerade noch abgewendet werden kann. Die Figur des Helden, der in Gestalt des zukunftsorientierten und umweltschützenden Wissenschaftlers/-in, Politikers/-in und Industriellen auftritt, hat dadurch neue Strahlkraft gewonnen.

Die Ausstellung “Katastrophenalarm” macht diese Rollen, Geschichten und Bilder – die eine Katastrophe ausmachen – sichtbar. Gilt es nicht besonders alarmiert zu sein angesichts solcher Inszenierungen und Instrumentalisierungen, die Teil der “Katastrophe” und damit des Verhältnisses der Gesellschaft zur Natur sind?

Zur Ausstellung erscheint ein Künstler/innenbuch und in Kooperation mit dem Leipziger Magazin „spector cut+paste“ eine Ausgabe mit dem Schwerpunkt Klimawandel.