Part of the Game

Angewandte Spieltheorie im urbanen Freiraum

22. August–27. September 2014

Intervention
Spiele im öffentlichen Raum
Quartett-Kartenspiel

Ort(e):
nGbK, Oranienstraße 25
Verschiedene Orte in Berlin

Teilnehmer_innen

Brigitte Felderer, Freee, Ellie Harrison, Brandon LaBelle, Tricia Middleton, Cecilie Ullerup Schmidt, Heinz Schütz, transparadiso

Arbeitsgruppe

Claudia Burbaum, Angus Cameron, Berit Fischer, Folke Köbberling, Pia Lanzinger, Olivia Plender

‘Part of the Game’ zu sein, impliziert Teilnahme an einem begrenzten, durch Regeln bestimmten Raum. Spiele sind Abbilder der Gesellschaft, in denen bestimmte Beziehungen und Praktiken reproduziert und eingeübt werden. Manche Spiele sind genau das: ein Spiel und nichts anderes. Andere jedoch, bei denen es um Politik, Geld, Macht und Raum geht, beeinflussen uns – ob wir nun Teil des Spiels sind oder nicht. Die Stadt wird zum Spielbrett.
Sechs künstlerische Positionen gehen der Bedeutung des Spiels nach, verhandeln in Spielform aktuelle Themen, fragen nach Möglichkeiten nicht mitzuspielen und untersuchen, inwieweit die Stadt schon immer ein Spielfeld ist: ein Ort für verschiedenste, sich überlagernde und widersprüchliche Spiele.
Wir laden Sie herzlich ein, an verschiedenen Orten der Stadt mit uns zu spielen:
Come out and play!

Veranstaltungen:

Freitag 22. August 2014, 16-21 Uhr,
transparadiso: Auf die geringe Wahrscheinlichkeit
Trabrennbahn Karlshorst, Treskowallee 129

(16-19 Uhr: Wettannahme, 20 Uhr: Verkündung Siegerwette)

Samstag, 23. August, 14-16 Uhr: Realisierung der Siegerwetten
Ort wird bekanntgegeben

Das Wetten ist meist Ausdruck verzweifelter Suche nach dem Glück. Je prekärer die Lebensumstände, umso mehr wird gewettet. Pferdewetten verströmen den Charme vergangener Glorie, wo Arm und Reich aufeinandertreffen. Spekulation und die Unkalkulierbarkeit der Pferde lassen Verzweiflung und kurzfristiges Glück bis zum nächsten Einsatz dicht nebeneinander stehen. Eine ganz andere (Gratis-)Wette wird nun in Karlshorst angeboten: auf die Realisierung einer kleinen Situation, die den Alltag durchbricht.

Dienstag, 26 August 2014, 19.30 Uhr,
Vortrag: Cecilie Ullerup Schmidt
Veranstaltungsraum nGbK

Cecilie Ullerup Schmidt: Nothing Left to Play

Was ist, wenn die Verschuldung so hoch wird, dass keine Kredite mehr vergeben werden? Wenn keine Konsolidierung und keine Regeneration mehr möglich sind? Wenn wir uns nicht mehr freikaufen oder versöhnen können, weil uns die Mittel fehlen? Welches Spiel bleibt uns dann? Wir zelebrieren die Verschwendung, erfinden neue Spielarten. Wir ziehen durch die Großstadt in stetiger Bewegung. Wir geben uns gegenseitig, was uns nicht gehört und was dennoch unser aller ist: Zeit, Wissen, Fürsorge.

Freitag, 29. August 2014, 16 Uhr,
Ellie Harrison: The Global Race
Sportplatz, In den Ministergärten 2, Berlin-Mitte

The Global Race ist eine absurde Vision von Olympischen Spielen in einer Zukunft, in der der Glanz menschlicher ›Innovation‹ das Schwitzen erübrigt! In einer lokalen Sportanlage werden Rennen auf sogenannten Segways angeboten. Diese populären, aber äußerst ärgerlichen Geräte repräsentieren die Stupidität unserer Spezies: wie wir es schaffen, die Verschwendung von Geld und Ressourcen mit der Verhinderung gesunder und angenehmer körperlicher Bewegung zu kombinieren.

Dienstag, 02. September 2014, 19.30 Uhr,
Vortrag: Heinz Schütz
Veranstaltungsraum nGbK

Heinz Schütz: Politdesign
Wo Berlin-Mitte an Kreuzberg grenzt werden im März 2014 Fenster des renovierten Taut-Hauses und angrenzender Gebäude eingeschlagen. Die gewaltsame Zerstörung kann als Teil einer Kampagne betrachtet werden, die kulturelle Artefakte wie Architektur, Design und Kunst als Mittel und Ausdruck der Gentrifizierung bekämpft. Im Spannungsfeld von Real- und Symbolpolitik werfen derartige Aktionen die Frage nach der Bedeutung, den Möglichkeiten und den Verstrickungen kultureller und widerständiger Praktiken auf.

Samstag, 06. September 2014, 19 Uhr,
Brandon LaBelle: Monument
Rotes Rathaus, 3. OG Raum 337 (Louise-Schroeder-Saal), Berlin-Mitte

Monument (to the Wild Imagination)
Künstler_innengespräch und Performance mit Gastsprecherin Janet Merkel

+ 4.-7. September: Nächtliche Videoprojektionen in der Stadt

Die Arbeit untersucht Politik in Bezug auf Kreativität im heutigen urbanen Umfeld. Das beinhaltet die Fragestellung, wie Künstler_innen als Teil der kreativen Stadt agieren und damit zum kulturellen Image von Berlin, aber auch zu Gentrifizierungsprozessen, prekären Lebensbedingungen und der »Verwestlichung« des früheren Ostteils der Stadt beitragen. Die Arbeit sucht nach Flucht- und Auswegen und wendet Gruppenchoreografien und Guerilla-Videoprojektionen an, um die Stadt auf kreative Weise zu adressieren und einzunehmen.
In Kollaboration mit: Janine Eisenächer, Hana Lee Erdman, Omar Nicolas, Steffi Weismann

Samstag, 13. September 2014, 14 Uhr,
Vortrag: Angus Cameron
Volkspark Hasenheide, Treffpunkt Eingang Höhe Graefestraße, Berlin-Kreuzberg

Angus Cameron: Fooling about in public

Der Narr ist zugleich ein spöttisches Abbild und eine direkte Herausforderung politischer Macht. Der Narr oder die Närrin existiert nur als verkörpertes Paradox: spielerisch ernst, machtlos wirksam, tölpelhaft klug und unerwartet durchtrieben. Der Narr ist sowohl die Essenz als auch die Verneinung von ›echter‹ Macht. Narretei ist nicht Macht, aber sie dreht sich immer um die Macht. Und paradoxerweise macht genau dies sie so beständig. Die Machthaber kommen und gehen, aber: stultorum numerus infinitus est.

Samstag, 13. September 2014, 15 Uhr,
Freee: Taking Sides
Volkspark Hasenheide, Treffpunkt Eingang Höhe Graefestraße, Berlin-Kreuzberg

Das Freee Kunst Kollektiv Fußballturnier kodiert Fußball als eine Projektionsfläche für Meinungsbildung und -differenzen um, indem es dort Slogans platziert, wo gewöhnlich Fußballernamen und die Logos der Sponsoren stehen. Die Mannschaften werden nicht mehr von Managern oder durch Gruppenzwang zusammengestellt, sondern indem Personen wählen, welchen Slogan sie tragen wollen. Die Fans, die eine spezifische Mannschaft unterstützen, haben keinen geographischen Namen mehr, den sie rufen könnten, und werden deshalb den Slogan zusammen singen und mit den Unterstützer_innen eines anderen Teams wetteifern. Das siegreiche Team macht seinem Slogan Ehre.

Samstag, 20. September 2014, 15 Uhr,
Folke Köbberling & Tricia Middleton: Nichtverhandlung
Schlossplatz-Baustelle/ Hochschule für Musik Hanns Eisler, Schloßplatz 7, 10178 Berlin

Start und Eröffnung

21.-24. September, 12-17Uhr
Skulpturale Performance

Ein einwöchiges Spiel um die Hoheit des Stils, der Geschichtsschreibung und des Originals. Ein Prozess der gegenseitigen Zerstörung der jeweils anderen Arbeit, wobei modernistische architektonische Elemente mit barocken ornamentalen Strukturen überzogen werden und vice versa. Ein unvorhersehbarer Prozess, der sich im Wettbewerb ab dem 24. September manifestiert und aus dem die Anfänge eines neuen Stils zu erahnen sind. (bis 27. September)

Dienstag, 23. September 2014, 19.30 Uhr,
Vortrag: Brigitte Felderer
Veranstaltungsraum nGbK

Brigitte Felderer: Die Stadt am Spiel. Wiener Spielplätze der Nachkriegszeit
Veranstaltungsraum nGbK, Oranienstraße 25, Berlin-Kreuzberg

Nach Ende des Zweiten Weltkriegs stellte die Gemeinde Wien eine ›Spielplatznot‹ fest. Künstler_innen wurden eingeladen, Geräte für Kleinkinder zu entwerfen, um die bestehenden Sandkästen zu ergänzen. Die ›Spielplastiken‹ orientierten sich an der internationalen Kunst der Zeit. Man setzte sich deutlich von den realistischen Darstellungen ab, die typisch für eine nationalsozialistische Kunstauffassung gewesen waren. Fast alle sind heute verschwunden. Sie genügen den Sicherheitsstandards nicht mehr.

Im Anschluss an den Vortrag wird der sechsminütige Film The Global Race von Noam Gorbat gezeigt. Er dokumentiert Ellie Harrison’s Performance für Part of the Game, die am 29. August 2014 auf dem Sportplatz der Ministergärten stattgefunden hat.

Samstag, 27. September 2014, 15 Uhr,
Pia Lanzinger: Würfeln um Berlin
Kottbusser Tor, Berlin-Kreuzberg, vor dem ›Protest-Gecekondu‹, mit Unterstützung von Kotti & Co.

Weitere Termine / Orte: Würfeln um Berlin. Das Gentrifizierungsspiel
Donnerstag, 4. September, 15 Uhr
Hellersdorf, Cecilienplatz

Freitag, 12. September, 15 Uhr
Moabit, Mathilde-Jacob-Platz, vor dem Rathaus

Donnerstag, 18. September, 15 Uhr
Neukölln, Alfred-Scholz-Platz

Während sich der Staat auf die Rettung von Banken konzentriert, wandelt sich der Berliner Immobilienbestand zum vermeintlich sicheren Spekulationsobjekt und ehemals günstige Mietwohnungen werden zur Mangelware. »Würfeln um Berlin« übersetzt diese Logik in ein überdimensionales Brettspiel, das im öffentlichen Raum gespielt wird. Die Implikationen dieser Situation und die verschiedenen Versuche, das Recht auf Stadt einzufordern, werden als Teile eines globalen Spiels mit lokalen Besonderheiten rekonstruiert. Das erlaubt einen anderen Blick auf seine Regeln und den Bann, der das Geschehen beherrscht.