Revision: Peripherie als Ort

Das Hellersdorf-Projekt. Fotoserien von Helga Paris und Ulrich Wüst

13. September 2020–10. April 2021
Eröffnung: 12. September 2020

Ausstellung
Veranstaltungsreihe

Die Ausstellung war aufgrund der Corona-Pandemie vom 2. November 2020 bis zum 11. März 2021 geschlossen und wurde vom 13. März bis zum 10. April 2021 erneut geöffnet.

Ort(e):
nGbK (Veranstaltungsraum, 1.OG), Oranienstraße 25, 10999 Berlin
Sporthalle, Carola-Neher-Straße 51, 12619 Berlin
station urbaner kulturen, Auerbacher Ring 41, 12619 Berlin

Künstler_innen

Helga Paris, Ulrich Wüst

Teilnehmer_innen

Ulrich Domröse, Wolfgang Kil, Urs Kohlbrenner, Helke Misselwitz, Arne Schmitt, Inka Schube, Ulrich Wüst

Arbeitsgruppe station urbaner kulturen

Jochen Becker, Fabian Bovens, Eva Hertzsch, Margarete Kiss, Constanze Musterer, Adam Page

Mitarbeit

Jana Müller

Vor über zwanzig Jahren organisierte Ulrich Domröse (scheidender Kurator für Fotografie an der Berlinischen Galerie) die Ausstellung »Peripherie als Ort – Das Hellersdorf-Projekt«, die erstmals in der nGbK in Kreuzberg gezeigt wurde. Nun präsentiert die nGbK noch einmal zwei der damals gezeigten Fotoserien – die Stadtaufnahmen von Ulrich Wüst sowie die Jugendlichen-Porträts von Helga Paris – in ihrer Zweigstelle station urbaner kulturen, in Hellersdorf. Die Arbeiten sollen erneut dem Publikum vorgestellt und diskutiert werden. Hinzu kommen ergänzende Werke beider Fotograf_innen.

Ulrich Domröse lud für die Ausstellung 1999 mit Helga Paris und Ulrich Wüst (sowie Jens Rötzsch und Max Baumann) hochkarätige Künstler_innen ein, um die Großsiedlungen von Hellersdorf zu erkunden und ihre Beobachtungen zu fotografischen Serien zu entwickeln. Das Projekt kam auf Initiative der Wohnungsbaugesellschaft Hellersdorf zustande.

Die Friktionen zwischen dem Hellersdorf-Projekt 1999 und dem Heute sollen nun als Revision in der station urbaner kulturen zum Thema gemacht werden: Wie hat sich das Quartier seither weiterentwickelt, welche Beziehungen bestehen zwischen Mitte und Pampa, und was machen die damaligen Akteur_innen heute? Nicht zuletzt werden die Fotoserien in einen künstlerischen Werkkontext gestellt.

1999 wurde die Ausstellung einem fotokünstlerisch und urbanistisch interessierten Publikum in der nGbK in Kreuzberg sowie in Hellersdorf selbst präsentiert. Nach einer Ausstellungsexkursion in Turin gingen die Bildserien in die Sammlung der Berlinischen Galerie ein.

Die Wohnungsbaugesellschaft Hellersdorf (WoGeHe), die sich Ende der 1990er Jahre gegen den rapiden Imageverfall der ›Plattensiedlungen‹ im Osten Berlins auch mit Mitteln der bildenden Kunst zu erwehren suchte, förderte Skulpturen im öffentlichen Raum sowie das groß angelegte fotografische Erkundungsprojekt in der Peripherie.
Das »Hellersdorf-Projekt« wurde in einem umfangreichen Katalog mit Essays von Alexander Osang, Rolf Schneider und Gerwin Zohlen dokumentiert.

An der Umsetzung des Ausstellungsvorhabens mitgewirkt hatten seinerzeit u.a. die Fotokuratorin Inka Schube (heute Kuratorin Sprengel Museum Hannover), die nGbK-Geschäftsführerin Leonie Baumann (heute Rektorin der weißensee kunsthochschule berlin), die Kuratorin Karin Scheel (heute Künstlerische Leiterin Schloss Biesdorf) oder Jack Gelfort, ehemaliger Geschäftsführer der Wohnungsbaugesellschaft Hellersdorf und heutiges Mitglied im Kreisverband der AfD in Freiburg.
Julia Hartmann, eine damals von Helga Paris fotografierte namenlose Schülerin, spielte im »Tatort« eine Polizeianwärterin, und auch die noch immer gleichen Betreiberinnen der Fleischerei gegenüber finden sich wieder.

Termine:

Samstag, 10. Oktober 2020, 18 Uhr
Gespräch mit Ulrich Wüst und Arne Schmitt

Nur selten gibt der in Berlin und in der Norduckermark lebende Fotograf Ulrich Wüst (geb. 1949 in Magdeburg) Auskunft über seine Arbeit. Ihm zur Seite steht der in Köln und Zürich lebende Fotograf und Künstler Arne Schmitt (geb. 1984 in Mayen), dessen Ausstellung im Dezember in der station urbaner kulturen eröffnet. Beide teilen das Interesse an der nüchternen, oft schwarzweißen Betrachtung des Öffentlichen und der städtischen Moderne, und beide denken eher in fotografischen Serien denn in Einzelbildern.

Donnerstag, 22. Oktober 2020, 18 Uhr
Film-Screening »HELGA PARIS, FOTOGRAFIN« und Gespräch mit Helke Misselwitz
Moderation: Jochen Becker (AG station urbaner kulturen)

Die zumeist dokumentarisch arbeitende Regisseurin Helke Misselwitz (geb. 1947 in Planitz bei Zwickau) hat als Filmemacherin und Professorin für Regie an der Hochschule für Film und Fernsehen Konrad Wolf in Babelsberg eine ganze Generation beeinflusst. Mit der Fotografin Helga Paris (*1938 in Gollnow) verbindet sie eine lange Freundschaft; zugleich hat Helga Paris als Standfotografin in ›Herzsprung‹ (1992) und als Darstellerin in ›Engelchen‹ (1996) mitgewirkt. Vor dem Gespräch mit Helke Misselwitz wird ihr 2019 fertiggestelltes Dokumentarfilm-Triptychon »HELGA PARIS, FOTOGRAFIN« gezeigt.

Samstag, 21. November 2020, 16 Uhr per Videokonferenz
Gespräch mit Ulrich Domröse (Berlinische Galerie) und Urs Kohlbrenner (Planergemeinschaft Kohlbrenner)
Moderation: Jochen Becker (AG station urbaner kulturen)

Vor über zwanzig Jahren organisierte Ulrich Domröse (scheidender Kurator für Fotografie an der Berlinischen Galerie) die Ausstellung »Peripherie als Ort – Das Hellersdorf-Projekt«, die 1999 erstmals in der nGbK in Kreuzberg und später vor Ort gezeigt wurde. Domröse lud u.a. die Künstler_innen Helga Paris und Ulrich Wüst ein: »Das Hellersdorf-Projekt entstand aus dem Bedürfnis heraus, die gegenwärtige Entwicklung am Beispiel von Hellersdorf zu reflektieren. Bei den Fotografien war deshalb eine Auffassung gefragt, die das Gesehene eher interpretiert als dokumentiert.«

Zeitgleich stellte der Stadtplaner und Architekt Prof. Urs Kohlbrenner das »Quartierkonzept Hellersdorf – Eine Großsiedlung wird zum Teil der Stadt« vor, das der ehemaligen DDR-Großsiedlung ein neues Gesicht geben sollte. Sowohl Domröse als auch Kohlbrenner arbeiteten für den gleichen Auftraggeber, die Wohnungsbaugesellschaft Hellersdorf (WoGeHe), die sich Ende der 1990er Jahre gegen den rapiden Imageverfall der ›Plattensiedlungen‹ im Osten Berlins mit Mitteln der Bildenden Kunst und der Stadtplanung zu erwehren suchte. Das geplante Gespräch soll diesen entscheidenden Moment insbesondere in Hinblick auf Gegenwart und Zukunft der Siedlungen rekonstruieren.

Samstag, 21. November 2020 per Videokonferenz
Gespräch mit Inka Schube (Sprengel Museum Hannover) und Wolfgang Kil (Kritiker / Architekt)
Moderation: Jochen Becker (AG station urbaner kulturen)

Inka Schube hat als Kuratorin für Fotografie am Sprengel Museum Hannover 2004 die erste große Retrospektive der Fotografien von Helga Paris sowie jüngst in der Akademie der Künste am Pariser Platz organisiert. Sie ist außerdem Herausgeberin des kürzlich beim Spector Verlag erschienenen Bildbands mit von ihr im Archiv Paris wiederentdeckten Aufnahmen des Leipziger Hauptbahnhofs. Ihre Ausstellung »Helga Paris Fotografie/Photography« wird vom Institut für Auslandsbeziehungen in der ganzen Welt gezeigt. Beim »Hellersdorfs-Projekt« hatte Inka Schube mitgearbeitet.

Wolfgang Kil studierte gemeinsam mit Ulrich Wüst in Weimar – Kil Architektur, Wüst Stadtplanung. Beide arbeiteten anfangs in ihren Professionen, gaben diese aber bald auf, da sie in der Technokratisierung des DDR-Urbanismus für sich keine Gestaltungsräume mehr erkennen konnten. Während Wüst sich auf die künstlerische Fotografie mit Schwerpunkt Stadtansichten konzentrierte, arbeitete Wolfgang Kil als Fotografie- und Stadtkritiker. Das geplante Gespräch soll sich den Besonderheiten der in der station urbane kulturen ausgestellten Fotografien widmen.

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