20. September–16. November 2014
Eröffnung:
19. September 2014
Künstler_innen
Pedro Barateiro, Ricardo Basbaum, Paolo Bottarelli, Anne Duk Hee Jordan, Wietske Maas, Amina Menia, Yves Mettler, Pratchaya Phinthong, Timur Si-Qin, Hakan Topal, Clemens von Wedemeyer, Sun Xun
Arbeitsgruppe
Elena Agudio, Dorothee Albrecht, Bonaventure Ndikung, Matteo Pasquinelli, Eylem Sengezer
In Zeiten globaler klimatischer und gesellschaftlicher Veränderungen, die von Menschen verursacht werden, scheint eine Erweiterung der Idee des Metabolismus zentral für das Verständnis gegenwärtiger und zukünftiger Politiken zu sein. Die Ausstellung nimmt Bezug auf das griechische Wort metabolē – ursprünglich „verändern“ und wörtlich „umstürzen“.
Sie untersucht, wie das Denkmodell ‚Metabolismus‘ in der Gegenwartskunst verstanden wird und tritt dabei in einen Dialog mit wissenschaftlicher Forschung jenseits eurozentrischer Perspektiven.
Der biologische Metabolismus beschreibt einen konstituierenden Prozess, in dem sich Lebewesen in einem permanenten Austausch mit ihrer Umwelt befinden. So steht beispielsweise am Anfang der Nahrungskette die Fotosynthese – ein konstantes Einfangen und Verdichten von Sonnenenergie und damit die Versorgung der gesamten Biosphäre. Im Hinblick auf das parasitäre Verhältnis des irdischen Lebens zum Kosmos bezeichnet der französische Philosoph Michel Serres die Sonne als unseren energetischen Horizont und als das „ultimative Kapital“ (Michel Serres, Der Parasit).
Als es in der Biologie und Chemie des 19. Jahrhunderts auftauchte, entwickelte das Konzept des Metabolismus eine enorme Anziehungskraft und verbreitete sich virusartig in Kunst und Politik. So konstatierte auch Karl Marx einen durch die industrielle Revolution hervorgerufenen „metabolischen Riss“ und entwarf einen sozialen Metabolismus, lange vor der Entstehung des modernen Umweltbewusstseins. Heute hat es den Anschein, der Mensch bestünde auch aus Nichtmenschlichem, aus heterogenen Schichten von Mineralien und Mikroorganismen, Maschinen, synthetischen Materialien und immateriellen Daten.
Die Ausstellung ‘The Ultimate Capital is the Sun’ bringt Künstler_innen, Philosoph_innen, Wissenschaftler_innen und Kurator_innen zusammen, um die unterschiedlichen Felder des Metabolismus zu erforschen – ohne ein Gravitationszentrum festschreiben zu wollen.
In Zusammenarbeit mit dem Metabolismus Büro
The Metabolism of the Social Brain
Der Metabolismus des sozialen Gehirns
Symposium im Rahmen des Projektes “The Ultimate Capital is the Sun”
25. - 26. Oktober 2014
Akademie der Künste, Hanseatenweg 10, 10557 Berlin
Die Idee eines Kollektivgeistes ist so alt wie die meisten alten Religionen und Gedankensysteme, aber erst kürzlich erschien sie in Formen sozialer Organisation und wissenschaftlicher Kooperation, die durch die globalen, digitalen Netzwerke möglich wurden. Informationstechnologien stellen tatsächlich die direkteste Verkörperung des Nervensystems des Planeten dar und sind auch das beste Beispiel eines erweiterten Geistes. Neurowissenschaftler_innen selbst begannen den Geist als etwas über die Grenzen des Gehirn Weisendes zu untersuchen, das immer mit einer Vielzahl von Medien und kognitiven Werkzeugen interagiert. Zur Debatte steht die Vorstellung einer „kollektiven Intelligenz“, die sich in den globalen digitalen Netzwerken realisiert, bis hin zum “erweiterten Geist“ der Neurowissenschaften, besonders im Hinblick auf ihre politischen Implikationen. Der Kollektivgeist als soziales Gebilde spielte stets eine wichtige Rolle im politischen Denken, von Spinoza bis zur visionären Figur des general intellect der Multitude; im Herzen des kognitiven Kapitalismus ist das soziale Gehirn der Protagonist eines neuen Konfliktes.
In der Tat wurde die Plastizität des Gehirns, auch Neuroplastizität genannt, zum Synonym für die vom zeitgenössischen Kapitalismus eingeforderte flexible Arbeit. „Was sollten wir tun, damit das Bewusstsein des Gehirns sich nicht völlig mit dem Geist des Kapitalismus deckt?“ fragte Catherine Malabou. Das Symposium soll in diesem Sinne zum Nachdenken über wissenschaftliche Forschung jenseits europäischer Rationalisierungsbegriffe anregen. Es wird untersucht, wie auch die Psychiatrie in koloniale Ausbeutungsprozesse eingebunden war und wie die psychologischen Wissenschaften in postkolonialen Kontexten neu formuliert und produktiv angeeignet werden können.
Das Symposium reflektiert über verschiedene Ansätze, sogenannte „Psychopathologien“ jenseits traditioneller Definitionen zu verstehen, bezogen auf postkoloniale Gesellschaften oder geäußert von nicht-westlichen Menschen in westlichen Gesellschaften.
Im Kontext der Ausstellung The Ultimate Capital is the Sun in der nGbK und im Dialog mit der zeitgenössischen Kunst, untersucht das Symposium ‘The Metabolism of the Social Brain’ die politischen und ästhetischen Implikationen einer neuen Ära der Neurowissenschaften, vom Aufkommen einer Neurokultur bis zur Notwendigkeit neuer Neuropolitiken.
Das Symposium findet in englischer Sprache statt.
Der Eintritt ist frei (ebenso für die Ausstellung in der nGbK).
SAMSTAG, 25. OKTOBER
19 –22 Uhr | Metabolisches Büro zur Reparatur von Wirklichkeit, 1. Stock
Einführung von Elena Agudio und Bonaventure Ndikung. Präsentation und Diskussion am runden Tisch mit Edwin Etieyibo (WITS, Johannesburg), Dr. Ulrike Kluge (Humboldt-Universität zu Berlin, AG Transkulturelle Psychiatrie(Charité Berlin) (angefragt).
SONNTAG, 26. OKTOBER
11–12 Uhr | Metabolisches Büro zur Reparatur von Wirklichkeit, 1. Stock
Präsentation des Ausstellungskataloges The Ultimate Capital is the Sun – Metabolismus in Kunst, Politik, Philosophie und Wissenschaft
Präsentation der neuen Ausgabe der Springerin “Kognitives Kapital / Cognitive Capital” (www.springerin.at)
12 Uhr Führung durch die Ausstellung
Schwindel der Wirklichkeit / Vertigo of Reality Ausstellung (AdK). Eintritt 7€ / 5€ ermäßigt (www.schwindelderwirklichkeit.de).
13–14 Uhr Mittagspause
14–18 Uhr | Auditorium, Erdgeschoß
Vorträge und Diskussion (jeweils ca. 45 Minuten).
The Opening of the Cerebral Gate (Homage to Drexciya)
Einführung von Matteo Pasquinelli
Brain theory Between Utopia and Dystopia: Churchland, Negri and the Promise of the Biopolitical Brain
Charles Wolfe (University of Ghent)
Continental Neurophilosophy: Challenging Malabou on the Politics of Cerebral Subjectivity
Jan Slaby (Freie Universität Berlin)
16 Uhr | Kaffeepause
On Sellars and Metzinger: Between Rational Subjectivity and Phenomenal Selfhood
Peter Wolfendale (Sunderland)
Acts of Engendering by Abstract Thought: Reclaiming the Mathematical in Politics and Philosophy
Vera Bülhmann (ETH Zurich)
The Pigeon in the Machine: The Concept of Control in Behaviourism and Cybernetics after WWII
Ana Teixeira Pinto (Berlin)
Abschließende Diskussion
Ein transdisziplinäres Symposium der neuen Gesellschaft für bildende Kunst (nGbK) in Zusammenarbeit mit der Akademie der Künste im Rahmen von „Schwindel der Wirklichkeit“.
Im Rahmen des nGbK-Projektes: The Ultimate Capital is the Sun – Metabolismus in Kunst, Politik, Philosophie und Wissenschaft
In Kooperation mit