evolutionäre zellen. Teil 1

selbstbeauftragtes Gestalten gesellschaftlicher Perspektiven

13 April–5 May 2002
Opening: 12 April 2002

Competition
Exhibition Part 1
Newspaper: finger no. 10

Location(s):
NGBK, Oranienstraße 25

www.evolutionaere-zellen.org

Project group finger

Martin Brandt, Florian Haas, Claudia Hummel, Heidi Schapke, Andreas Wolf

Takeover by Manifesta 4, Frankfurt am Main (25.5.-25.8.2002)

In der Auftaktsausstellung des Wettbewerbs evolutionäre zellen in der Neuen Gesellschaft für Bildende Kunst / Berlin wurden die Idee, der kommende Ablauf und die Jury des Wettbewerbs präsentiert.
Während die eine, farbig quergestreifte Raumhälfte die Wettbewerbsfarben zeigte, die fortan zu einem visuellen Erkennungsmerkmal der evolutionären zellen werden sollten, wurden an den weiteren Wänden des Ausstellungsraumes die 10 Mitglieder der Jury mit ihren Initiativen und Arbeitsweisen vorgestellt. (siehe Jury)
Je nach Vorgehensweise präsentierten sich die Jurymitglieder mit Texten, Fotos, Videos, Originalmaterialien und Medienberichterstattungen zu ihren Aktionen und stellten sich und ihre Initiative im Rahmen eines zweitägigen Vortragsprogrammes vor.
Daneben wurden wesentliche Informationen zum Wettbewerb in Form einer Publikation und des Teilnahmeformulars zur Mitnahme angeboten.

Für die meisten lebt sich gesellschaftlicher Alltag ganz selbstverständlich, ohne große gestalterische Überlegungen. Dennoch finden gesellschaftsgestaltende Neuerungen meist in alltäglichen Zusammenhängen ihren Ausgangspunkt, in Form von »Modellen«, »gesellschaftlichen Inseln« oder »evolutionären zellen«. Neue Ansätze zur Gestaltung der Gesellschaft entstehen häufig unter dem Druck aktueller gesellschaftlicher Verhältnisse oder als Versuch den eigenen Bedürfnissen, Wünschen und Überzeugungen Ausdruck zu verleihen. Alltägliche ökonomische, familiäre und politische Zusammenhänge und Konventionen, Kommunikationsformen und Arbeitsstrukturen werden zu eng oder erweisen sich als nicht geeignet, um anstehende Probleme zu lösen oder Ideen gerecht zu werden. Den gesellschaftlichen Ist-Zustand mit neuen Ideen verändern zu wollen, stößt häufig zunächst auf Widerstand und führt zu der Frage, welche Form die Idee annehmen muss, um den eigenen Ansprüchen zu genügen und andere zu überzeugen. Dementsprechend werden neue Ideen, Weiterentwicklungen und gesellschaftliche Alternativen zuerst in kleinen Zusammenhängen entwickelt und erprobt. Ungeachtet der Chancen auf die Verwirklichung einzelner Ideen ist die Zielsetzung des Wettbewerbs, den Entwicklungen »evolutionärer zellen« auf der Kippe zwischen gesellschaftlicher Akzeptanz und Ablehnung, ein Forum zu bieten und damit zur Darstellung und Vermittlung der »evolutionären zellen« als relevante Faktoren kultureller Prozesse und Produktion beizutragen.

Press commentary

Die Zeit, 07.11.2002 (Jürgen von Ruthenberg)
“Schon im Titel grenzt sich der Wettbewerb ab von den latentgrößenwahnsinnigen Umsturzplänen früherer Dekaden. Die Ausschreibung rief dazu auf, Ideen für selbst beauftragtes Gestalten gesellschaftlicher Perspektiven einzureichen; sie sprach alle an, ‘die sich auf eigensinnige Weise eine neue/alternative Struktur erarbeiten’. Eigensinn ist wohl der größte gemeinsame Nenner der 312 Einsendungen.”

Zitty, 28.11.2002 (Claudia Wahjudi)
“Evolution statt Revolution: Nicht der Umsturz der Verhältnisse steht auf dem Plan, sondern ihre Verbesserung. […] Doch um Geld geht es nicht in erster Linie, auch wenn die prämierten Projekte die Unterstützung gebrauchen können – etwa die Brandenburger Flüchtlingsgruppe ‘Freedom of Movement’, die sich für die Abschaffung der Residenzpflicht einsetzt und mit 3.000 Euro einen der ersten Preise erhielt. […] Die Künstlergruppe will den Wettbewerb dokumentieren und womöglich in zwei, drei Jahren eine neue Runde ausschreiben. Schon jetzt aber belegt das Projekt „Evolutionäre Zellen“, was Soziologen und Stadtforscher dem Kulturbetrieb weltweit attestieren. In Gesellschaften, die in Milieus zerfallen und deren öffentliche Institutionen Bedeutung verlieren, treten Kunst und Kultur zunehmend als Vermittler auf.”