Perlen für die Säue

Multi-Media-Projekt

2.–30. Juni 1991
Eröffnung: 31. Mai 1991

Ausstellung
Publikation

Performance- und Filmreihe „Obszön: Human: Sekret“
Werbekampagne/ Plakataktion

Ort(e):
Laden für Nichts, Skalitzer Straße 94b
Eiszeit Kino, Zeughofstraße 20
Stadtraum

Künstler_innen

Krista Beinstein, Annette Frick, B . & W. Hein, Katharina Kranichfeld, Kirsi Mikkola, Manna M., Annegret Soltau, Astrid Wehmeyer

Arbeitsgruppe

Elfie Anneser, Barbara Boes, Friederike Hammann, Jule Pfeiffer, Krimhild Pflaumer, Caudia Schillinger, Beatrice Stammer, Astrid Wehmeyer, Silke Wenk

Aus der Pressemitteilung:
PERLEN FÜR DIE SÄUE ist ein Multi-Media-Projekt über Sex, Lust, Kunst, Kommerz und Gewalt. Es entstand durch den produktiven Zusammenstoß von Personen aus allen Bereichen der Kunst sowie der Publizistik, der Wissenschaft, des Handels und der Unterhaltung. Deren Unbehagen an der Kultur kristallisiert in diesem Projekt zu einem Spiel mit der Käuflichkeit der Kunst und der Kunst der sexuellen Befreiung.

Pressestimmen

ohne Medium (Bascha Mika):
„Frei ist die Kunst – solange sie niemandem weh tut. Und weh tut`s immer dann, wenn es ans Eingemachte bzw. ans Gemächte geht. Nackte Busen und Ärsche zuhauf, aber wehe, es vergreift sich eine öffentlich am Pimmel.
Kris Mikkola hat sich vergriffen und wurde mir schwarzen Dreiecken bestraft. Die zieren jetzt die Plakate „Vater und Kind“ der finnischen Künstlerin. Ihr Kunstwerk erzählt vom sexuellen Mißbrauch des Vaters an der Tochter und wie sie sich dagegen wehrt.
Die Vereinigte Verkehrsreklame der Berliner Verkehrsbetriebe ließ den Bilderstrip nur eingeschwärzt auf ihre U-Bahn-Werbeflächen kleben. Auf dem Gelände der S-Bahn ist die Zensur total. […] Herr Kuno von der U-Bahn hatte die Plakate wie Herr Goerke von der S-Bahn zunächst völlig abgelehnt. Als die NGBK einen Zensurvorschlag machte, der Entscheidendes mit einem Balken verdeckte, wollte er immer noch nicht. Erst das Dreieck stellte ihn zufrieden, und das machte er dann doppelt so groß wie abgesprochen. ‚Aber wir haben uns darauf eingelassen, damit wir es überhaupt hängen können, sagt Friederike Hamann. ‚Damit macht man auch auf eine Grenze aufmerksam. Dass überhaupt eine Grenze verletzt wurde, schien der Ostberliner Plakat- und Anzeigenwerbungsgesellschaft nicht aufgefallen sein. Sie zeigte die Plakate – unzensiert.“

zitty, 13/1991 (Gunhild Brandler):
„Von international renommierten Künstlerinnen eine dominante Antwort auf quasi sadistische Warenträume, verschämte Pseudomoral, alltäglichen Sexismus. […] Das Bewusstsein des Problems, das ein spielerisches Experiment mit dem Problem hätte möglich gemacht, ist wieder verloren. Die Ausstellung könnte auf zu bequeme Weise als Revision der Por-No-Diskussion registriert werden.“

Super Zeitung, 15.06.1991
“Kreuzberg, ein schmuckloser, weiß getünchter Raum, 15 qm, grauer Betonboden und mittendrin, dramatisch drapiert, blutroter Samt, ein schwülstiges Himmelbett. Darauf räkelt sich, völlig nackt, vor zehn Frauen, Gert, 31, Kurzhaarfrisur, wasserstoffblond gefärbt, ansonsten brünett, Kunstpädagoge, jetzt arbeitslos. Wer will, darf anfassen. Die Frauen kommen in den Raum, schauen Gert an und gehen kichernd wieder raus. ‚Porno macht auch Frauen Spaß‘, heißt das Motto der Aktion ‚Perlen für die Säue von neun Berliner Künstlerinnen. Wer zum nackten Mann auf der Couch will: Laden für Nichts, Skalitzer Str. 94b.“

taz, 10.06.1991:
„Sein ‚Konzept‘ sah vor, Objekt zu sein, gleichzeitig aber ‚die Objekthaftigkeit zu durchbrechen‘. Als ‚Blickfänger‘, so stellte er sich vor, baue er eine Spannung auf und bleibe damit Subjekt. […] Trotz vieler witziger Erlebnisse blieb er genau das, wofür er bezahlt wird: die zu begutachtende Beute – in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt – die stets mit einem Angriff auf das Selbstbewußtsein rechnen muß. […] Der Charme des vermeintlich Abgründigen scheint dahin. Zu seinen Erfahrungen als Objekt gehört auch das leise, leere, wenn nicht gar eklige Gefühl der Entblößung gegenüber sich selbst.“

Tagesspiegel, 25.06.1991 (Annnette Tietenberg):
„Wer glaubte, die Kunstaktion der NGBK ‚Perlen für die Säue‘ zum Thema Pornographie könne in der ‚Weltstadt Berlin‘ niemanden mehr provozieren, wurde am Sonntag in Kreuzberg eines Besseren belehrt. Nachdem die zweiwöchige Filmaktion im Eiszeit-Kino mit über 100 Filmen von renommierten Künstlerinnen ohne große Aufregung von der Szene goutiert worden war, ist eine Woche für Ende der begleitenden Ausstellung im ‚Laden für Nichts‘ doch noch die Polizei eingeschritten.“

Die Märkische, 20.06.1991 (Barbara Jacob):
Über die Performance „Sweet Dreams Of Broken Bodys“ von Astrid Wehmeyer: mir schienen „ihre mutigen Aktionen weniger emanzipatorische Tat, denn Verzweifelter exhibitionistischer Aufschrei zu sein. […] Mir scheint, die mit sehr präzisen, oft auch höchst drastischen Worten formulierten Statements sind eigentlich Ausdruck einer vielschichtigen, individuell verschieden pointierten Sehnsucht; eine in schockierende Aktion verwandelte Forderung nach Leidenschaft und Liebe.“

Tagesspiegel, 31.05.1991 (Anke Sterneborg):
“Die Vielfalt der Möglichkeiten zwischen Erotik und Pornographie wird nahezu ins Unendliche erweitert durch die Untertitel, Beschreibungen und Erklärungen für ein Multi-Media-Ausstellungsprojekt der NGBK. […] Einen Moment lang ist zwischen Experiment und Stilisierung, zwischen Provokation und Sinnlichkeit, zwischen Selbstbewußtsein und Selbstbehauptung, zwischen Trotz und Spaß, zwischen Anleitung und, Analyse und Hingabe alles möglich.“