26. Juli–31. August 2008
Eröffnung:
25. Juli 2008
Künstler_innen
Birgit Brenner, Baldur Burwitz, Lenka Clayton & James Price, John Coplans, Donigan Cumming, Evelīna Deičmane, Regine von Felten, Margi Geerlinks, Peter Granser, Friederike Kersten, Felix Pestemer, Annegret Soltau, Miwa Yanagi
Arbeitsgruppe
Raluca C.E. Blidar, Simon Marschke, Jan Sauerwald, Susann Schwarz, Jana Sylvester, Susanne Weiß
Ein Leben lang älter werden – dieser festgeschriebene Prozess prägt jeden Menschen. Dass der Alterungsprozess mit der Geburt beginnt, wird oft vergessen. Der Verlauf des Alterns ist an verschiedene Faktoren gebunden: Geschlecht, gesellschaftliche Stellung, Aktivität und Bildung, Interessen und Körperkultur – viele dieser Faktoren lassen uns entsprechend jung oder alt “aussehen”.
In den Medien werden seit geraumer Zeit die Auswirkungen des demografischen Wandels diskutiert. Verschiedene Expert_innen zeichnen Schreckensvisionen der überalterten Gesellschaft, und auf politischer Ebene werden sozialpolitische Anpassungen vorgenommen, die die “Folgen” abmildern sollen.
Die Ausstellung ‘Ein Leben lang’ in der Neuen Gesellschaft für Bildende Kunst (NGBK) zeigt künstlerische Positionen, die die in unserer Gesellschaft vorherrschenden klischeebeladenen Bilder und Vorstellungen vom Alter hinterfragen. Es geht um den Prozess des Älterwerdens und die damit verbundenen persönlichen Visionen, Veränderungen und Realitäten.
Welches Verhältnis haben alternde Menschen zur Zeit, zum eigenen Körper, zur Gesellschaft und zum Tod?
In unserer Gesellschaft wird Alter leider oft mit ökonomischer Un-/Produktivität in Verbindung gebracht. Diese Haltung reduziert das Altern auf den Zeitraum nach dem Austritt aus dem Erwerbsleben. Es gibt zwar erste positive Veränderungen in der Wahrnehmung alter Menschen, trotzdem begegnen ihnen häufig Diskriminierung und Ausgrenzung.
Die Ausstellung will einen Beitrag zu einer differenzierten Auseinandersetzung mit dem Altern leisten und zeigt Positionen, die den Alterungsprozess auch jenseits des 3. Lebensabschnitts und der gängigen Diskurse in den Medien untersucht, ohne die stillen und traurigen Momente von Krankheit und Verlust zu vernachlässigen.
Im Katalog mit dem Titel „Die Kunst des Alterns“ sind die künstlerischen Positionen aus zwei Ausstellungen enthalten, die aufgrund ihrer thematischen Nähe in Kooperation vorbereitet wurden:
‘Ein Leben lang’ in der Neuen Gesellschaft für Bildende Kunst und ‘Wir sind immer für euch da.’ im Kunsthaus Dresden (10. Mai – 13. Juli 2008).
Der Katalog beinhaltet Autorenbeiträge, z.B. von Simon Marschke (thematische Einführung in die NGBK-Ausstellung), von Sabine Kampmann (zur Dimension von Altersbildern in Kunst und Medien), Thomas Küpper (über die Darstellung des Alters im Film), von Stephan Lessenich (zur Arbeitskapazität bzw. –produktivität älterer Arbeitnehmer_innen) und Dominikus Müller (über Vergesslichkeit und Demenz). Darüber hinaus gibt es einen essayistischen Beitrag von Silvia Bovenschen aus ihrem letzten Buch „Älter werden“.
Das Veranstaltungsprogramm besteht aus Vorträgen von Expert_innen zu unterschiedlichen alters-spezifischen Themen, die sich mit der Vorstellung künstlerischer Arbeiten verbinden.
Vergessen:
Vortragsabend zu Vergessen und Demenz mit Regine von Felten und Thomas Fischer (Diplom-Pflegewirt)
Verwurzelt:
Vortragsabend zu Städteplanung am Beispiel Sun City mit Peter Granser und Rebecca Eizenhöfer
Versichert:
Informationsabend zur Alterssicherung mit Annemarie Helmer-Heichele (Vorsitzende des BBK) und Susanne Prinz (Artist Pension Trust)
Vergangen:
Vortragsabend zu Sexualität im Alter mit Annegret Soltau und Beate Schultz-Zehden
Verschwunden:
Lesung von Silvia Bovenschen aus ihrem Buch
Das Vermittlungsprogramm sieht unter anderem eine Kooperation mit Dritter Frühling e. V. (ein Modellprojekt der Berliner Seniorenarbeit) vor, das älteren Menschen in Kreativwerkstätten die Möglichkeit geben will, in der Ausstellung selbst kreativ tätig zu werden und aktiv den Alterungsprozeß zu diskutieren.
An den Sonntagen werden Thomas Belschner und Daniela Bystron jeweils um 15 Uhr durch die Ausstellung führen.
Durch die Zusammenarbeit mit dem Amt für Soziale Dienste Berlin werden Kreuzberger Senior_innen an die Ausstellung herangeführt. Ein Interessensschwerpunkt dabei ist die Auseinandersetzung von und mit Migrant_innen, da sie vermutlich in anderer Weise auf die ausgestellten Arbeiten reagieren werden.
Pressestimmen
Tagesspiegel, 29.07.2008 (Christina Tilmann)
“Zärtliche Arbeiten. Arbeiten, die alle Berichte von Generationskonflikten Lügen strafen. Man muss nur an Silvia Bovenschens so ehrliche wie erfolgreiche Essaysammlung ‘Älter werden’ erinnern. Auch die Ausstellung ‘Ein Leben lang’ in der Neuen Gesellschaft für bildende Kunst (NGBK) in Berlin zeichnet ein zumeist liebevoll-hochachtungsvolles Bild: Alter als Bereicherung, nicht als Schrecken.”
Vermittlungsprogramm:
Sonntags finden jeweils um 15 Uhr Führungen mit dem Kunstwissenschaftler Thomas Belschner und der Kunstvermittlerin Daniela Bystron statt. Im Anschluss werden Kreativwerkstätten von „Dritter Frühling e. V.“ angeboten.
Treffpunkt für die Veranstaltungen ist in der Ausstellung im Erdgeschoß, das Material wird gestellt, die Teilnahme ist kostenlos, eine Anmeldung ist nicht erforderlich
Sonntag, 3. August 2008, 15 Uhr
„Zeit – Alter“ - Werkstatt: Kreatives Schreiben.
Barbara C. Schulze: Künstlerin, Medienpädagogin
Sonntag, 10. August 2008, 15 Uhr
„Visuelle Lebenslinien - Detailskizzen zur eigenen Person“ - Werkstatt: Bildende Kunst
Elke Verbnik: Bildende Künstlerin, Kulturpädagogin
Sonntag, 17. August 2008, 15 Uhr
„Zeitkonserven – multiple Objekte“ - Werkstatt: Bildende Kunst
Christiane Boese: Kommunikationsdesignerin, Kulturpädagogin
Sonntag, 24. August 2008, 15 Uhr
„Von möglichen und unmöglichen Dingen“ - Werkstatt: Bildende Kunst
Christiane Boese: Kommunikationsdesignerin, Kulturpädagogin
Seien Sie die Expert_innen, die die Ausstellung hinterfragen und reflektieren. Lassen Sie sich inspirieren und provozieren, gemeinsam werden die frischen Eindrücke und persönlichen Interpretationen des Themas mit unterschiedlichen kreativen Medien bearbeitet.
Sonntag, 27. Juli 2008, 15 Uhr
Führung
Sonntag, 31. August 2008, 15 Uhr
Führung
Veranstaltungen
Sonntag, 27. Juli 2008, 19 Uhr
Vergessen
Vortragsabend
Alltägliches Vergessen kann viele Gründe haben. Was aber, wenn die Diagnose Demenz heißt? Ein Schock, nicht nur für die betroffene Person, sondern auch für ihre Umwelt und die Familie.
Die Schweizer Künstlerin Regine von Felten geht offensiv mit der Demenzerkrankung ihrer Großmutter um, indem sie die Bilder aus ihrer Serie Pilze haben keine Blätter gemeinsam mit ihr erarbeitet. Sie dokumentiert so nicht nur die psychische Verfassung ihrer Großmutter, sondern möchte auch die Wahrnehmung der Gesellschaft für diese Krankheit schärfen.
Thomas Fischer, Diplom-Pflegewirt (FH) und Master of Public Health, setzt sich bei seiner Arbeit am Institut für Medizinische Soziologie der Charité-Universitätsmedizin mit den verschiedensten Aspekten von Demenzerkrankungen auseinander. Er wird den theoretischen Hintergrund erläutern: Was genau ist Demenz? Was bedeutet die Diagnose? Wie kann der Krankheitsverlauf aussehen?
Im Anschluss, um ca. 21 Uhr, wird der Film Der Tag, der in der Handtasche verschwand von Marion Kainz präsentiert, der das einfühlsame Porträt einer an Alzheimer erkrankten Frau und deren Verunsicherung durch das zunehmende Vergessen zeigt.
Donnerstag, 7. August 2008, 20 Uhr
Verschwunden
Silvia Bovenschen liest aus ihrem Buch Verschwunden
In diesem Jahr hat die Literaturwissenschaftlerin, Essayistin und Autorin ihr neues Buch Verschwunden beim S. Fischer Verlag veröffentlicht. Ähnlich wie schon in ihrer vorherigen Publikation Älter werden sind auch hier Erzählungen aneinandergereiht, die von einer Rahmenhandlung zusammengehalten werden. Sie sucht gemeinsam mit ihrem Freundeskreis nach Geschichten und Begebenheiten über das Verschwinden: das Verschwinden einer Handtasche, einer Person oder eines früheren Lebens, das so nicht mehr existiert.
Donnerstag, 14. August 2008, 20 Uhr
Verwurzelt
Vortragsabend über die Seniorensiedlung „Sun City“ in Arizona, USA
Die vom Künstler Peter Granser 2000/2001 fotografierte Siedlung „Sun City“ gilt als eine der ersten „gated communities“ speziell für Seniorinnen und Senioren, die in den USA inzwischen zunehmend Verbreitung finden. Von der Gründung in den 1960er Jahren bis zum Ende der 1970er Jahre zur Kleinstadt herangewachsen, ist das Betreten von „Sun City“ ausschließlich alten Menschen gestattet. Jüngere Besucherinnen und Besucher benötigen eine Genehmigung, wenn sie sich auf das Areal begeben möchten.
Warum abgegrenzte Wohnorte für alte Menschen zunehmende Popularität in Amerika erfahren und inwiefern ein solches Wohnmodell auch auf Deutschland angewendet werden könnte, beleuchtet die Diplom-Ingenieurin Rebecca Eizenhöfer, die sich gemeinsam mit Alexandra Link dieser Fragestellung in ihrer Diplomarbeit gewidmet hat.
Donnerstag, 21. August 2008, 20 Uhr
Versichert
Informationsabend zum Thema Alterssicherung für Künstlerinnen und Künstler
Die Frage nach der Alterssicherung beschäftigt heute viele. Ganz besonders prekär ist diese Frage für diejenigen, die kein festes Einkommen beziehen, auf den eigenen Erfolg angewiesen und den Schwankungen der Geschmäcker ausgesetzt sind: Künstlerinnen und Künstler.
Annemarie Helmer-Heichele, Vorsitzende des BBK und Mitglied im Widerspruchsausschuss und im Beirat der Künstlersozialkasse erläutert, ob und welche Möglichkeiten der Zusatzversicherung es speziell für Künstlerinnen und Künstler gibt.
Eine ungewöhnlichere Methode der Absicherung im Alter stellt Susanne Prinz vor. Sie ist Vorsitzende des „Artist Pension Trust“ Berlin, einer weltweit aktiven Organisation, in der Künstlerinnen und Künstler sich durch eigene Werke, die sie „einzahlen“, absichern können und weniger erfolgreiche Kunstschaffende finanziell aufgefangen werden.
Donnerstag, 28. August 2008, 20 Uhr
Vergangen
Vortragsabend zum Thema Schönheit, Sexualität und Familienkonstellationen
Die Darmstädter Künstlerin Annegret Soltau arbeitet in den Werken der Serie Generativ mit Ausschnitten und Vernähungen der Fotos von Körpern, um darzustellen, wie sich die Tochter im Körper der Mutter und der Großmutter wiederfinden lässt und umgekehrt. In Transgenerativ erweitert sie diese Idee um die männlichen Familienmitglieder. Sie stellt damit sowohl die Verwandtschaftsbeziehungen als auch den Prozess des Alterns in den Mittelpunkt und nimmt außerdem Bezug auf Schönheitschirurgie im Sinne eines Eingriffs in die Unversehrtheit des Körpers.
Ausgehend davon, wie besonders ältere Menschen mit ihrem Körper, ihrer Schönheit und ihren sexuellen Bedürfnissen umgehen, spricht die Medizinpsychologin und Expertin zur Sexualität Dr. Beate Schultz-Zehden.
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