15. März 2007–28. Februar 2008
Künstler_innen
Marc Brandenburg, Daniela Comani, Nezaket Ekici, Heike Hamann, Christian Korth, Willem Wilhelmus
Arbeitsgruppe U2 Alexanderplatz
Christoph Bannat, Uwe Jonas, Seraphina Lenz, Tine Neumann, Barbara Rüth, Birgit Anna Schumacher
Aus dem Flyer:
Im Rahmen des Projekts “U2 Alexanderplatz”, das auch 2007 räumlich und konzeptuell erweitert wird, realisieren vier Gewinner des offenen Wettbewerbs künstlerische Arbeiten, die sich mit der spezifischen Situation des U-Bahnhofes Berlin Alexanderplatz auseinandersetzen: Nezaket Ekici und Daniela Comani gestalten die 32 Hintergleisflächen auf dem Bahnsteig der Linie U2, Heike Hamann und Christian Korth realisieren Interventionen in anderen Bereichen des U-Bahnhofes. Zudem werden zwei Künstler direkt eingeladen: Mark Brandenburg für die Gestaltung der Hintergleisflächen, Christoph Büchel für die Realisierung einer Intervention. Da die von Christoph Büchel geplante Arbeit im Kontext des Bahnhofes nicht umgesetzt werden kann, wurde Willem Wilhelmus eingeladen, seinen Wettbewerbsbeitrag zu realisieren.
30.6.2007 um 20 Uhr Auftaktveranstaltung, Café Geissler, Karl-Liebknecht-Straße 9. Es sprechen die Künstlerinnen und Künstler der diesjährigen Projekte sowie Vertreterinnen und Vertreter der veranstaltenden und fördernden Institutionen.
15. März–30. Juni 2007
Marc Brandenburg: UNDERGROUND
Bahnsteig U2
‘UNDERGROUND’ ist der assoziationsreiche Titel, mit dem der Berliner Künstler Marc Brandenburg die diesjährige Ausstellungsrunde der Neuen Gesellschaft für Bildende Kunst (NGBK) im U-Bahnhof Alexanderplatz einleitet: Auf den insgesamt 32 Hintergleisflächen des Bahnsteiges U2 werden seine Zeichnungen erstmalig als Großformate im öffentlichen Raum gezeigt. Zwei Bildreihen aus zwei verschiedenen Zyklen sind auf den Hintergleisflächen des U2 Bahnsteigs zu sehen. Die eine Bahnsteigseite zeigt ein 16-teiliges Panorama aus acht Motiven einer Berliner 1. Mai Demonstration, die über die Mittelachse verdoppelt und gespiegelt werden. Die gegenüberliegenden 16 Ansichten sind ein Potpourri urbanen Lebens und Detailaufnahmen.
Obgleich es sich um Zeichnungen handelt, entsteht beim ersten Blick der Eindruck von Foto-Negativen. Marc Brandenburgs Arbeiten sind Meditationen über das Verhältnis von Fotografie und Zeichnung. Er stellt das Negativ als das der Welt abgewandten Seite des Mediums ins Zentrum seiner Arbeit. Diese Seite ist ein integraler Bestandteil der analogen Fotografie. Sie geht dem materialisierten Bild voraus und bleibt normalerweise im Dunkeln. Das macht die ganz besondere Ästhetik seines zeichnerischen Gestus’ aus. Seine Motivreihen bestehen aus einer Mischung persönlicher und alltäglicher Bilder, die am Bahnsteig der Linie U2 die Situation selbst doppeln und spiegeln.
Juli–Oktober 2007
Nezaket Ekici: LIFE EXTREME
Bahnsteig U2
In ihren Performances geht die Künstlerin Nezaket Ekici immer wieder an ihre körperlichen Grenzen und macht so Extreme unseres Daseins sichtbar. Auf den Hintergleisflächen des Bahnsteiges der Linie U2 Alexanderplatz stellt sie 32 Ausschnitte ihrer Arbeiten der letzten 5 Jahre aus: Videostills voller Aktion, die als Momentaufnahmen gleichzeitig Bewegung still stehen lassen.
Im U-Bahnhof Alexanderplatz, Verkehrsknotenpunkt und Ort des Transfers, spielen Zeit und Bewegung wesentliche Rollen. Analog dazu ist die Performance eine temporäre Kunstform. Als rein situatives Geschehen legt sie in ihrem Ablauf eine Raum-Zeit-Strecke zurück und ist in dem Moment, in dem sie ist, schon wieder eine andere.
Mit der Beschleunigung der alltäglichen Erlebniswelt geht auch eine Fragmentierung der Wahrnehmung einher. Wir sammeln täglich tausende von Eindrücken, die teilweise nicht mehr bewusst aufgenommen werden können und daher in einem immer gleichen Erlebnisstrom an uns vorbeischwimmen. Bestimmte einzelne Momente bekommen in ihrer Vergänglichkeit auf diese Weise eine besondere Bedeutung und werden zu irreduziblen Einheiten unserer Erlebniswelt.
Die Bilder, die Nezaket Ekici auf dem Bahnsteig der U2 im U-Bahnhof zeigt, schaffen hierzu ein paradox anmutendes Gleichgewicht: Einerseits sieht der Betrachter im Vorbeigehen Motive, die mit Bewegung und extremen Situationen aufgeladen sind. Andererseits jedoch reißen ihn die Bilder einen Moment aus dem Erlebnisfluss heraus, halten ihn sozusagen fest. Womöglich wird er sich selbst unbewusst in einer vergleichbaren Situation erleben. Für einen Augenblick wird der Passant damit unmerklich in den Bann der Arbeiten gezogen, die ihre Magie aus den Handlungen der Performances heraus entwickeln.
August–September 2007
Heike Hamann: PRÊT-À-PORTER – BEREIT ZUM TRAGEN
Überführung U2/U8
Das Interesse der Malerin und Fotografin Heike Hamann gilt zwischenmenschlichen Wahrnehmungen, Projektionen und Kommunikationssystemen. Für das Projekt U2 Alexanderplatz transformiert sie ein „Bild“ in den dreidimensionalen Raum:
In der stark frequentierten Ladenpassage zwischen den Bahnhöfen der Linien U2 und U8 schickt sie die Passanten durch einen Bereich, über dem phonetischer Applaus ausbricht und Scheinwerfer erstrahlen, sobald man ihn betritt. Subtil reagiert die Künstlerin damit auf medial angeheizte Sehnsüchte nach dem „Superstar“ und ironisiert zugleich Andy Warhols Forderung, jeder Mensch sollte während seines Lebens zumindest 15 Minuten lang berühmt sein.
Heike Hamanns Intervention lässt den zufällig vorbeieilenden Passanten für kurze Zeit zum Star avancieren und ihn Alltägliches vergessen: Vielleicht ist er sodann ein wenig mehr bereit, die Dinge, die danach passieren, mit Humor zu „tragen“.
30. Oktober–3. November 2007
Willem Wilhelmus: STILL
Bahnsteig U8, Überführung U2/U8
Im U-Bahnhof des Alexanderplatzes inszeniert Willem Wilhelmus – mitten im Geschehen und auf fast rituelle Weise – an fünf aufeinander folgenden Tagen eine ganz alltägliche Handlung. Irgendwann unterbricht er die Performance und verharrt in einer Pose. Der Betrieb um ihn herum geht einfach weiter. Nach einigen Minuten nimmt er den Faden seiner Handlung wieder auf, bringt sie zum Abschluss, packt seine Sachen und taucht in den Strom der Reisenden ein.
Die Performancekunst des in Helsinki lebenden Holländers Willem Wilhelmus ist eigensinnig und unnachahmbar. Sie besticht durch ihre Präzision und Einfachheit. Während Themen und Inhalte je nach ortspezifischen Anforderungen wechseln, gilt das zentrale Interesse des Künstlers dem Erforschen von Kommunikationsweisen, die wirklichen Kontakt schwierig oder unmöglich machen. Hierfür benutzt er reduzierte Mittel und drückt sich in einfachen, wieder erkennbaren Bildern aus. Seine Darstellung wirkt dabei beinahe skulptural. Durch ihre äußerst klare Form machen Willem Wilhelmus’ Performances sichtbar, was ansonsten unserer Wahrnehmung entginge.
Oktober 2007–Februar 2008 (U2)
Daniela Komani: ICH WAR´S. IN ZWEIUNDDREISSIG TAGEN UM DEN ALEXANDERPLATZ(1805–2007)
Bahnsteig U2
Daniela Comani blättert ein über 200-jähriges Geschichtsbuch auf und beschreibt auf den Hintergleisflächen der Linie U2 wahre Begebenheiten, die sich rund um den Alexanderplatz ereignet haben. Im Schreibmaschinenduktus aufgetragen und in Ich-Form erzählt, gleicht die Chronik einem privaten Tagebuch und macht die Künstlerin zur Urheberin der Geschehnisse.
November 2007
Christian Korth: PERIPHERIE
Überführung U2/U8
Christian Korth nimmt im Untergrund des Alexanderplatzes eine “plastische” Intervention vor: Gesammelte Überreste banaler Alltagsrituale werden zu Folienpaketen verschweißt und eröffnen Einblick ins Private. Scheinbar geschützt durch eine künstliche Membran, erfährt Intimität ihr “Coming Out” an einem Ort, wo der Einzelne auf die Öffentlichkeit in der Masse trifft.
Finanziert von
Unterstützt von