SITUATION BERLIN #1 und #2

Werkstatt-Konferenz für Urbane Praxis

1. Mai–30. November 2021

Symposium
Forschung
Publikation
Veranstaltungsreihe

Ort(e):
»Lobby«, Karl-Liebknecht-Straße 9, 12043 Berlin
Place Internationale, Carola-Neher-Straße / Ecke Maxie-Wander-Straße, 12619 Berlin
»Stadtwerkstatt«, Karl-Liebknecht-Straße 11, 10178 Berlin

Teilnehmer_innen

Elisa T. Bertuzzo, Amelie Deuflhard, Jesko Fezer, Benjamin Förster-Baldenius, Brian Holmes, Graziela Kunsch, Malve Lippmann, Annette Maechtel, Barbara Meyer, Adam Page, Barbara Meyer/Markus Bader für Initiative Urbane Praxis, Can Sungu, Martina Taig, Renée Tribble

In Fortsetzung des Symposiums »Urbane Kulturen« (nGbK/Berlinische Galerie 2019) veranstaltet die nGbK als Teil der Initiative von »Urbane Praxis« eine zweiteilige Werkstatt-Konferenz zu SITUATION BERLIN.

Team nGbK: Konzeption Jochen Becker/metroZones, assistiert von Licia Soldavini/constructlab, unterstützt von Birgit Effinger, beraten von Simon Sheikh/Goldsmiths College und in enger Kooperation mit fachspezifischen und kulturpolitischen Akteur_innen.

Konzeptionsteam nGbK SITUATION #2: Jochen Becker/metroZones, Anna Schäffler, Simon Sheikh

Situation
Wer macht Stadt, und mit welchen Kulturen? Wie formuliert sich ein Recht auf Stadt ohne Rechthaberei?

Berlin ist geprägt von eigensinnigen Kunstprojekten, von selbstorganisierten Bauten und einer reichen sozialen Kultur. Das Recht auf Stadt wird von Vielen mit Mitteln der Künste, Gestaltung, Planung und Aktion – kurz Urbane Praxis – erstritten und praktiziert. Auf Grundlage einer Bestandsaufnahme der aktuellen Berliner Situation wird die Werkstatt-Konferenz SITUATION BERLIN #1 historische Rückblicke wie auch neue Wege und Praktiken für eine Stabilisierung Urbaner Praxis und urbaner Kulturen erläutern. Begrifflichkeiten, Akteur_innen sowie mögliche künftige Strategien und Strukturen werden markiert und diskutiert. Ziel des Symposiums ist es, das große Potential von künstlerischen, gestalterischen und aktivistischen Verfahrensweisen angesichts derzeitiger umfassender Herausforderungen zu untermauern.

Der Werkstatt-Konferenz im Mai schließt sich die Erarbeitung einer handlungsanleitenden Dokumentation und eine zweite Konferenz im November an.

Past/Present/Future
Die aktuelle Ausprägung Urbaner Praxen in Berlin resultiert aus dem Fall der Mauer, als durch Zwischennutzungen im städtischen Neugefüge neue künstlerische, bauliche und soziale Prozesse auf ihre zukünftige Umsetzbarkeit überprüft wurden. Diese geteilte Geschichte ist bislang nur unzureichend aufgearbeitet sowie verfügbar gemacht worden.
Die Urbane Praxis speist sich als post-disziplinäre Arbeit aus der künstlerischen und kuratorischen, der urbanistisch-planenden und gestalterisch-bauenden, sowie der soziokulturellen und sozialarbeiterischen Praxis. Wie genau stehen diese Handlungsweisen zueinander, welche “Eigenlogiken” begleiten sie, was lässt sich im Sinne einer selbstkritischen Post-Disziplinarität von den Praxen und Standards der anderen Bereiche lernen?
Der Druck auf Stadtentwicklung, sozialen Zusammenhalts und ästhetischen Praxen wächst. Braucht es neben passenden Förder- und Administrations-Elementen ein “Study House”, wie es die kunstpolitische Initiative “Haben & Brauchen” forderte, um solche Krisen zu antizipieren und abzuwenden?
Wie lassen sich diese Anforderungen in strukturelle und institutionelle Bahnen leiten und festigen, ohne dabei zu versteinern? Wie also lassen sich neue Formen des Zusammenlebens in der Stadt umsetzen, die auf die verborgenen Geschichten und Fragmente der Vergangenheit zurückgreifen, aktuelle Probleme ansprechen und sich an der Zukunft orientieren?

Aktionsplan
Die Initiative Urbane Praxis Berlin arbeitet an einem Kulturwandel in Berlin, um zu klären, in welcher Art Stadt wir künftig zusammenleben wollen. Dazu gehören physischer Raum, Umwelt, Prozesse, Artefakte, Kommunikationen, Formen der Interaktion wie auch die Verknüpfung von Stadtraumqualitäten und künstlerischen Praxisformen.

Die Werkstattkonferenz SITUATION BERLIN als Teil der Initiative Urbane Praxis begleitet die Entwicklung eines Aktionsplans, der für diese Akteure eine stabile Arbeitsgrundlage zum Ziel hat. Im Zuge der krisenhaften Entwicklung von Stadt müssen diese Expert_innen langfristig und nicht nur über punktuelle Projektförderungen in Veränderungsprozesse eingebunden werden.

Im Rahmen der Werkstatt-Konferenz »Situation Berlin #1« werden die Billboards von Atelier Lucien Kroll, Sandra Bartoli & Silvan Linden, Eva Hertzsch & Adam Page in der Ausstellung »KREISE ZIEHEN« auf der öffentlich zugänglichen Fläche »Place International« (Maxie-Wander-Straße/Ecke Carola-Neher-Straße, Hellersdorf) gezeigt.

»SITUATION BERLIN #2. Auf dem Weg zu einem Manifest der Urbanen Praxis«

In Fortsetzung der Mai-Konferenz »SITUATION BERLIN #1« der Initiative Urbane Praxis wird Ende November im Rahmen von »SITUATION BERLIN #2: Auf dem Weg zu einem Manifest der Urbanen Praxis« ein Manifest der Urbanen Praxis erarbeitet: Wer macht Stadt und mit welchen Kulturen und Praktiken? Wie formuliert sich ein Recht auf Stadt ohne Rechthaberei?
Über diese Fragen tauschen sich Vertreter_innen der Initiative - Benjamin Förster- Baldenius (raumlabor Berlin), Barbara Meyer (Schlesische 27 - Kunst und Bildung Berlin) - und weitere Gäste – u.a. Amelie Deuflhard (Kampnagel Hamburg), Martina Taig (KÖR Wien) und Brian Holmes (Autor, Aktivist und Künstler; Chicago) aus.

Berlin ist seit Langem von eigensinnig initiierten Bauten, von selbstorganisierten Räumen und einer reichen sozialen Kultur geprägt. Das Recht auf Stadt wird von vielen mit Mitteln der Künste, der Gestaltung, Planung und von Aktionen – kurz Urbane Praxis – erstritten und gemacht.
Die postdisziplinäre »Urbane Praxis« kann in drei Richtungen unterteilt werden: der künstlerischen und kuratorischen, der urbanistisch-planenden und gestalterisch-bauenden sowie der soziokulturellen und aktivistischen Praxis.
Die Stadt Berlin verfügt über eine Vielzahl erfahrener Akteur_innen aus dem Feld der »Urbanen Praxis«, die nicht nur Aktionen im öffentlichen Raum realisieren. Vielmehr ist es eine eigenständige Form des Stadtmachens mit einer oftmals langjährigen Expertise, die über eine konstante Projektlogik hinaus nach einer verbindlichen Stetigkeit verlangt. Im Zuge der teils krisenhaften Entwicklungen von Stadt muss diese Expertise vor allem langfristig, und nicht nur über punktuelle Projektförderungen, die Veränderungsprozesse vorantreiben.

Auf Vorschlag des Rats für die Künste entstand 2020 die Initiative Urbane Praxis mit Berlin-weiten Projektpartner_innen, die an der Schnittstelle von zivilgesellschaftlichen Akteur_innen, Verwaltung und Politik für diese Herausforderungen neue strukturelle Vorschläge entwickeln. Die Initiative Urbane Praxis arbeitet an einem Kulturwandel in Berlin mit, um zu ergründen, in welcher Art von Stadt wir künftig zusammenleben wollen.
In Fortsetzung der Konferenz Urbane Kulturen (2019) veranstaltet die neue Gesellschaft für bildende Kunst als Teil der Initiative Urbane Praxis 2021 zwei Werkstatt-Konferenzen zur »SITUATION BERLIN«. Der erste Teil »SITUATION BERLIN #1« fand Ende Mai 2021 dezentral bei Berliner Campusprojekten statt. Neben historischen Rückblicken wurden neue Wege und Praktiken für eine Stabilisierung von Urbaner Praxis und urbaner Kulturen erläutert.

In Vorbereitung der zweiten Ausgabe »Situation Berlin #2: Auf dem Weg zu einem Manifest der Urbanen Praxis« entsteht nun ein gedrucktes, zweisprachiges Glossar Urbaner Praxis. Einerseits ist es das Ziel, über die Vielstimmigkeit der Akteur_innen das Verständnis von »Urbaner Praxis« zu schärfen, und andererseits deren zentrale Kriterien und Qualitäten herauszuarbeiten. Es gilt, deren Potenziale mit ihren künstlerischen, gestalterischen und aktivistischen Verfahrensweisen in den städtischen Diskurs einzuschreiben.
Ein gemeinsam erarbeitetes Manifest soll die notwendige urbane Strategie werden, die zu einer sinnvollen Urbanen Praxis führt und die Antworten auf folgende Fragen festhält: Wie lassen sich neue Formen des Zusammenlebens in der Stadt umsetzen, die auf die verborgenen Geschichten und Fragmente der Vergangenheit zurückgreifen, aktuelle Probleme ansprechen und sich an der Zukunft orientieren? Wie können Ansätze dafür in strukturelle und auch institutionelle Bahnen geleitet und gefestigt werden, ohne dabei zu versteinern?

Termine:

Samstag, 29. Mai 2021, 18-21 Uhr
Eröffnungsabend »Situation Berlin«

Begrüßung: Jochen Becker, Simon Sheikh und Licia Soldavini

Vorstellung der ›Initiative Urbane Praxis‹: Barbara Meyer und Markus Bader (Rat für die Künste Berlin)

Runder Tisch »Situation Berlin«: Elisa T. Bertuzzo (weissensee kunsthochschule berlin) im Gespräch mit Annette Maechtel (nGbK Berlin) und Renée Tribble (Planbude Hamburg, TH OWL/Detmold)

Mit »Das Temporäre politisch denken: Raumproduktion im Berlin der frühen 1990er Jahre« (b_books Verlag) erzählt Annette Maechtel den Mythos vom ›Freiraum‹ Berlin seit dem Fall der Mauer auf neue Weise und lässt die Produktion von Raum im Kontext von Kunst und Stadt in neuem Licht erscheinen. Als Stadtaktivistin und Architektin erkundet Renée Tribble in »Reizungen und Reaktionen: Kunst und Planung« (https://repos.hcu-hamburg.de/handle/hcu/562) neue Wege der künstlerischen und planerischen Stadtproduktion. Mit welchen Methoden wird mit Urbaner Praxis Stadt entwickelt, und wie können künstlerische sowie planerische Prozesse verkoppelt und produktiv gemacht werden?

Sonntag, 30. Mai 2021, 11-18 Uhr
Workshop: »Runde Tische #1 + #2«

11.00 – 13.15 Uhr: Runde Tische #1
Begrüßung (Jochen Becker, Simon Sheikh, Licia Soldavini)

a) Brache – Adam Page & Jesko Fezer
b) Autonomie/Institution – Graziela Kunsch & Simon Sheikh (auf Englisch)
c) Zugänglichkeit – Malve Lippmann & Can Sungu

14.30 – 16.30 Uhr: Runde Tische #2
Begrüßung (Jochen Becker, Simon Sheikh, Licia Soldavini)

a) Brache – Adam Page & Jesko Fezer
b) Autonomie/Institution – Graziela Kunsch & Simon Sheikh (auf Englisch)
c) Zugänglichkeit – Malve Lippmann & Can Sungu

16.45 – 18.00 Uhr Abschlussrunde
mit Jochen Becker, Licia Soldavini, den drei Moderationsteams und Publikum

Runde Tische

a) Brache
Gastgeber: station urbaner kulturen - Place Internationale, Berlin-Hellersdorf

Auf dem Place Internationale findet die Werkstattkonferenz im unmittelbaren Umfeld der Billboard-Ausstellung „Kreise ziehen“ statt. Auf der dortigen Brache wurde je nach stadt- und regionalplanerischer Dekade aufgebaut oder abgerissen. Lucien Krolls Entwurf von 1994 versuchte Hellersdorf in die Lage versetzen, auf solche Veränderungen intelligent zu reagieren. Hertzsch & Page greifen dieses Konzept auf und stellen ein flexibles Kommen und Gehen von Bauten, Nutzlandschaft und Natur dar. Bartoli & Linden verliehen die Entfaltung und Zersetzung von Vegetation auf der Fläche neue Aufmerksamkeit.

Der ‚Place Internationale’ ist Kunstaktions- wie auch Cricketfeld und liegt auf einem Brachland zwischen U-Bahn, Geflüchtetenheim und Wohnblocks. Nun soll hier gebaut werden – wie eh und je? Am Beispiel des radikalen belgischen Architekten Lucien Kroll, experimentell mit den Großsiedlungen in Hellersdorf umzugehen, sollen Chancen alternativer künstlerischer Planung diskutiert werden.

Einführung und Moderation: Adam Page (station urbaner kulturen, nGbK Berlin) & Jesko Fezer (Studio Experimentelles Design HFBK Hamburg)

b) Autonomie/Institution
Gastgeber: Baupalast Dragoner-Areal Kreuzberg, Berlin-Kreuzberg

Ein wiederkehrendes Thema für selbstorganisierte Initiativen sind Fragen der Institutionalisierung, sowohl in Bezug auf die Vergänglichkeit als auch auf die Normalisierung. Das Werden einer Institution wird in der Tat oft als das Gegenteil von Selbstbestimmung erlebt, und die Stabilität durch Anerkennung kann auf Kosten der politischen und künstlerischen Autonomie gehen. Wir werden diese Fragen durch die Linse des Instituierens diskutieren, wo sozial ausgerichtete Vorstellungen tatsächlich radikal und autonom statt fremdbestimmt sein können.

Einführung und Moderation: Graziela Kunsch (Künstlerin, São Paulo) & Simon Sheikh (Autor und Kurator, Berlin). Dieser Workshop findet auf Englisch statt.

c) Zugänglichkeit
Gastgeber: Haus der Statistik, Berlin-Mitte

bi’bak (Türkisch: Schau mal) ist ein Projektraum mit einem Fokus auf transnationale Narrative, Migration, globale Mobilität und ihre ästhetischen Dimensionen. Zur Zeit gastiert ihr Sinema Transtopia im Haus der Statistik und zeigt ein anderes Bild der Stadtgesellschaft. Wie erhält ganz Berlin Zugang zum Recht auf ihre Stadt? Und welche Vorstellung von Berlin bringt diverse soziale Communities zusammen, verknüpft entfernte Orte und bietet transnationale, (post-)migrantische und postkoloniale Perspektiven?

Einführung und Moderation: Malve Lippmann & Can Sungu (bi’bak e.V. Berlin)

Symbosium: »SITUATION BERLIN #2. Auf dem Weg zu einem Manifest der Urbanen Praxis«

Freitag, 26. November 2021, 17-21 Uhr
»Stadtwerkstatt« vor Ort + via zoom
Panel

Samstag, 27. November 2021, 12-18 Uhr
Workshop »Lobby«

Finanziert von