Alice Lex-Nerlinger/Oskar Nerlinger

Malerei, Grafik, Foto-Grafik

14. Oktober–18. November 1975

Ausstellung
Katalog der Akademie der Künste
Beiheft der NGBK

Ort(e):
Ausstellungsräume, Jebenstraße 2
NGBK, Hardenbergstraße 9

Künstler_innen

Alice Lex-Nerlinger, Oskar Nerlinger

Arbeitsgruppe Ausstellungsübernahmen

Valdis J. Āboliņš, Peter Hielscher, Susanne Onken, Heidrun Schröder

Mitarbeit

Krista Tebbe, Oskar Wehling

Übernahme der Akademie der Künste der Deutschen Demokratischen Republik
In Zusammenarbeit mit der Majakowski-Galerie

Aus der Pressemitteilung:
Unser ursprünglicher Plan war es, der Kölner Gruppe die Berliner Künstlervereinigung gegenüberzustellen. Die gleichzeitige Präsentation beider Gruppen ließ sich nicht verwirklichen. Dafür gelang es der Arbeitsgruppe Ausstellungsübernahmen mit Unterstützung der Majakowski-Galerie die große Retrospektive zu Übernehmen, die die Akademie der Künste der DDR Oskar Nerlinger (1893 - 1969) und Alice Lex-Nerlinger (1893 - 1975) bereitet hatte.
Die Ausstellung umfaßt früheste Arbeiten, das konstruktivistisch bestimmte Hauptwerk der 20er und 30er Jahre bis zur Machtergreifung durch den Nationalsozialismus, Arbeiten während des 3. Reiches und nach dem Kriege in der DDR. Im Vergleich zur Ausstellung der Akademie der Künste der DDR wird hier entsprechend der Themenstellung der Arbeitsgruppe – die Werkepoche der 20er und beginnenden 30er Jahre besonders akzentuiert.

Aus dem Vorwort der Publikation der Akademie der Künste der DDR:
Diese Ausstellung mit Werken von Alice Lex-Nerlinger und Oskar Nerlinger reiht sich in jene Bemühungen der letzten Jahre ein, die erneut und verstärkt das Schaffen namhafter Wegbereiter sozialistischer Kunst der breiten Öffentlichkeit zugänglich machen. Erinnert sei nur an die Ausstellungen für Hans Grundig, Max Lingner, Otto Nagel, Heinrich Vogeler oder Karl Völker. Die Nennung allein dieser Persönlichkeiten deutet bereits die Vielschichtigkeit der proletarischrevolutionären Kunst vor 1933 an, die unterschiedlichen künstlerischen Traditionen, die jene Künstler, sie schöpferisch aufhebend, in sie und damit als eine Grundlage unserer sozialistisch-realistischen Kunst der Gegenwart eingebracht haben. Der proletarischrevolutionären Kunst vor 1933 steuerten Alice Lex-Nerlinger und Oskar Nerlinger und mit ihnen weitere, ihnen geistig-künstlerisch nahestehende Künstler der Berliner Gruppe ‘Die Zeitgemäße’“ oder der Kölner ‘Gruppe progressiver Künstler’, einen ganz besonderen Klang bei, darin verwandt anderen revolutionären Künstlern und Künstlergruppen beispielsweise im jungen Sowjetrußland, in Polen oder in Ungarn. Beide Künstler sind 1893 geboren, Alice Lex in Berlin, Oskar Nerlinger in Strasbourg, sie lernten sich kennen an der von Bruno Paul geleiteten ‘Unterrichtsanstalt am Kunstgewerbemuseum’ in Berlin, wo vor allem der feinsinnige, empfindsame, an Stilkunst und japanischem Holzschnitt orientierter Stilisierung und Formenkultur zugewandte Emil Orlik ihr Lehrer war und solides zeichnerisches und malerisches Können vermittelte. Im Sinn für höchste Sparsamkeit der künstlerischen Mittel, für die Präzision und Sensibilität der Linienführung sind Wirkungen des Lehrers bei beiden zu verspüren, neben frühen Zeichnungen von Alice Lex am stärksten wohl in den vielen Skizzen und Zeichnungen Oskar Nerlingers, namentlich in den einen wichtigen Teil des Gesamtwerkes ausmachenden Zeichnungen und Aquarellen von Landschaften seit den 30er Jahren, vereinzelt auch in frühen erhaltenen Studien. Eine der ersten bekannten Arbeiten von Alice Lex, die 1918 erschienenen Illustrationen zu der Totentanzparaphrase ‘Der Tod von Grallenfels’ von Eduard Reinacher, zeigt neben Anklängen jugendstiliger Intimität und symbolistischer Phantastik Elemente zeitgemäßer expressionistischer Dramatik; schwingende Linien und Formen binden abstrakte und rhythmisch expressive Formstudien von 1921/22 noch an Expressionismus und an die Jugendstiltradition, darunter auch kosmischen Visionen nahe Landschaften. Doch war all das für beide zunächst nur Durchgangsstadium, Reflex der Zeitsituation und der Lehre. Neben Naturstudien und Jugendstilberührungen lassen die frühesten erhaltenen Zeichnungen Oskar Nerlingers von 1911/12 und den folgenden Jahren bereits die Auseinandersetzung mit dem Expressionismus erkennen und den gerade aktuell werdenden dynamischen Formdurchdringungen des Futurismus. Dargestellt werden menschliche Gestalten, Straßenszenen; einiges deutet bereits auf den fanatischen Beobachtungs- und Zeichenwillen Nerlingers hin, mit dem er sich schon früh in die zeichnerische Tradition Berlins einzuordnen beginnt. Manche Arbeiten berühren sich mit der neuartigen Sicht der Realität von Georg Grosz. Nerlinger ist in jenen Jahren unverkennbar Aufnehmender, er spielt Formund Bilderfahrungen der verschiedenen ‘ismen’ durch, so wie dann Anfang der zwanziger Jahre den Konstruktivismus. Eigenes wird erkennbar im Sinn für Experiment und widersprüchliche Form, in der Neigung zur Satire wie in der Fähigkeit zum verhaltenen empfindungsreichen Ausdruck.